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Sie ist also seiner Ansicht nach rechtlich nicht vorhanden und
kann durch eine Bekanntmachung des Reichskanzlers den Charakter
eines Reichsgesetzes hinterher nicht erhalten. Auf Grund seiner
Prämissen hätte ZoRN wohl zu folgendem Ergebnis gelangen
müssen: eine gültige Publikation des Vertragsgesetzes hat nie
stattgefunden; es ist mithin überhaupt nicht in Wirksamkeit
getreten.
Sonder Zweifel wurde in Nr. 37 des Reichsgesetzblattes vom
Jahre 1878 kein perfektes Vertragsgesetz verkündet. Trotzdem
darf man nicht sagen, es sei nihil actum. Die Zustimmung des
Bundesrates und des Kaisers war erklärt, Ausfertigung und Pub-
likation in der herkömmlichen Weise erfolgt; „zur Gültigkeit“
war nach Art. 11 Abs. 3 der Reichsverfassung nur noch „die
Genehmigung des Reichstages erforderlich“. Wir möchten des-
halb sagen, das Vertragsgesetz sei als ein suspensiv bedingtes
publiziert worden. Mit Eintritt der Bedingung wurde es gültig
und unbedingt verbindlich. Die Bedingung wurde aber am
25. Februar 1879 dadurch erfüllt, dass der Reichstag die Geneh-
migung erteilte. Diese Genehmigung erstreckte sich ebenso wie
die Zustimmung des Kaisers und des Bundesrates mit auf die
Bestimmung, dass das Vertragsgesetz am 1. Januar 1879 in
Kraft treten solle. Musste die Genehmigung des Reichstages
nun noch verkündet werden? Dafür liesse sich anführen: es
musste amtlich ausgesprochen werden, dass das Vertragsgesetz
perfekt geworden sei; dann wäre weiter zu fragen, von wem
diese Bekanntmachung zu erlassen sei, vom Reichskanzler, vom
Kaiser oder vom Bundesrate, welcher über die vom Reichstage
gefassten Beschlüsse nach Art. 7 der Reichsverfassung zu be-
schliessen hat? Eines Eingehens hierauf bedarf es unseres Er-
achtens nicht, weil die Genehmigung des Reichstages ebenso wie
die Zustimmung des Bundesrates bei der Verkündigung der Ver-
tragsgesetze gewohnheitsmässig nicht erwähnt wird. Wer jene
Thatsachen festzustellen hat, der muss die Protokolle über die