Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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Ill. Der Inhalt des Vertragsgesetzes. 
Wie SELIGMANN ausgeführt hat, wird nicht der gesamte, 
materielle Inhalt des Vertrages deutsches Vertragsgesetz, sondern 
nur derjenige Teil desselben, welcher sich auf völkerrechtliche 
Verpflichtungen des Deutschen Reiches bezieht*!. Um sie zu er- 
füllen, werden durch Erlass des Vertragsgesetzes entsprechende 
staatsrechtliche Normen geschaffen. Art. 1 des Uebereinkommens 
zwisehen dem Deutschen Reieh und Oesterreich-Ungarn vom 
6. Dezember 1891 bestimmt: „Die Angehörigen des einen der 
vertragschliessenden Teile sollen in den Gebieten des anderen 
in Bezug auf den Schutz von Erfindungen, von Mustern (ein- 
schliesslich der Gebrauchsmuster) und Modellen, von Handels- 
und Fabrikmarken, von Firmen und Namen dieselben Rechte 
wie die eigenen Angehörigen geniessen“, Dieser Artikel ent- 
hält zwei verschiedene Bestimmungen: erstens stehen den Oester- 
reichern und Ungarn im Deutschen Reiche die Rechte der deut- 
schen Reichsangehörigen zu. Diese Bestimmung ist deutsches 
Vertragsgesetz geworden; dasselbe räumt den Oesterreichern und 
Ungarn nach deutschem Staatsrecht einen Anspruch gegen das 
Deutsche Reich ein. Zweitens sollen aber nach jenem Artikel 
die deutschen Reichsangehörigen in Oesterreich und Ungarn der- 
selben Rechte teilhaftig werden, wie die Unterthanen dieser 
Staaten. Die letztere Bestimmung ist österreichisches, bezw. un- 
garisches Gesetz geworden, aber nicht deutsches. Das konnte 
sie nicht werden, denn das Deutsche Reich ist nicht in der Lage, 
zu verordnen, was österreichisches, bezw. ungarisches Gesetz sein 
soll. Ein derartiger Gesetzesbefehl wäre für niemand verbindlich; 
aus ihm könnte niemand Rechte herleiten. Er wäre für Oester- 
reich-Ungarn und die Behörden dieser Staaten nicht verbindlich, 
weil Gesetze des Deutschen Reiches für sie im Inneren überhaupt 
#1 SELIGMANN, Abschluss und Wirksamkeit der Staatsverträge, Frei- 
burg i. B. 1890, 8. 210—216. 
2 R.-G.-Bl. 1892 8. 289.
	        
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