— 66 —
Heimaths- und Niederlassungsrecht anders bestimmt ist. Dass
allein dieses die Bedeutung der Reservatrechte ist, wird, wie ich
glaube, aus folgender Erwägung sich zweifelsfrei ergeben:
Nach Art. 4 No. 10 u. Art. 52 der Reichsverfassung gehört auch
das Post- und Telegraphenwesen — mit einigen Ausnahmen —
zu den Reservaten Bayerns und Württembergs.. Wäre es nun
etwa denkbar, dass auf Grund dessen Bayern in einer Oodifikation
seines Postrechtes bestimmen dürfte, seine Postbeamten seien
darlehensunfähig oder sie hafteten nicht oder nur unter singu-
lären Voraussetzungen für angerichtete Versehen, und dass für
solche Bestimmungen Freiheit von den Vorschriften des Bürger-
lichen Gesetzbuches beansprucht werden könnte? Unzweifelhaft
nicht! Einem solchen Versuche würde man mit der Deduktion
begegnen, dass die Kompetenz des Reiches zu Satzungen über
die Vertragsfähigkeit und über den Schadensersatz sich nicht
auf die postalischen Rechte des Reiches, auch überhaupt nicht
auf Rechte des Reiches über Aemterwesen sondern auf dessen
Befugniss zur Regelung des bürgerlichen Rechts gründet und
dass in Ansehung des bürgerlichen Rechts Bayern keine Aus-
nahmestellung eingeräumt sei; Bayern müsse deshalb die gesetzten
Normen respektiren auch wenn dieselben mit solchen Satzungen
in Widerstreit stehen, welche Bayern sich als Postrecht gesetzt hat.
Das Reservatrecht Betrefis der Heimaths- und Nieder-
lassungsverhältnisse müsste — bei entgegengesetzter Auffassung —
zu noch viel grösseren Absurditäten führen. Denn was liesse sich
nicht alles unter dem Gesichtspunkt des Heimathsrechtes ordnen?
Im weiteren Sinne umfasst der Begriff der „Heimaths- und Nieder-
lassungsverhältnisse* überhaupt alle diejenigen Rechtsverhältnisse,
welche aus der Heimath oder Niederlassung eines Menschen ent-
stehen. Von diesem Gesichtspunkte aus könnte man z. B. be-
stimmen; dass die Befugniss, an einem Ort ein Gewerbe zu betreiben,
ein Ausfluss des in diesem Orte erlangten Heimathsrechtes sei.
Aber auch wenn man den Begriff der Heimath im Art. 4 No. 1