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an einem dies certus an et quando endigenden Vertrages. Die
Verlängerung wird hier weder durch Abschluss eines neuen Ver-
trages, noch auch nur durch konkludente Handlungen herbei-
geführt, sondern sie tritt ein, weil weder ein Vertrag geschlossen,
noch sonstwie gehandelt wird; der verlängerte Vertrag ist mit
dem ursprünglichen nicht nur inhaltlich, sondern auch formell
identisch.
Wird der Vertrag ordnungsmässig gekündigt, so erlöschen
die völkerrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen mit Ablauf
der Kündigungsfrist. Wie verhält es sich alsdann mit dem
deutschen Vertragsgesetz? Tritt es gleichzeitig mit dem Vertrage
ausser Kraft? Oder bleibt es solange in Wirksamkeit, bis es
auf gesetzlichem Wege aufgehoben wird? Das ist eine Frage
des deutschen Verfassungsrechtes. Der so oft behandelte Zwiespalt
zwischen staats- und völkerrechtlicher Wirksamkeit ist hierbei
unmöglich. Lässt das Deutsche Reich das Vertragsgesetz nach
dem Erlöschen des Vertrages in Kraft, so gewährt es dadurch
dem früheren Kontrahenten freiwillig eine besondere Vergünsti-
gung; es kann dieselbe nun aber jederzeit zurückziehen.
Soweit ich sehe, ist ein deutsches Vertragsgesetz niemals
anders als durch ein neues Vertragsgesetz förmlich aufgehoben
worden. Wird der Vertrag durch Kündigung ausser Wirksamkeit
gesetzt, so macht das Deutsche Reich diese Thatsache in unförm-
licher Weise bekannt. Der Reichsanzeiger berichtet z. B. unter
der Rubrik „Nichtamtliches* in Nr. 267 vom 12. November 1886,
die brasilianische Regierung habe den deutsch-brasilianischen
Konsularvertrag vom 10. Januar 1882 unterm 22. September des
Jahres gekündigt, derselbe werde infolgedessen am 22. Sep-
tember 1887 seine Wirksamkeit verlieren. Ist das entsprechende
deutsche Vertragsgesetz gleichfalls am 22. September 1887 ausser
Kraft getreten? Nach Art. 14 jenes Vertrages ist die vor einem
brasilianischen Konsul in Deutschland erfolgte Eheschliessung
zwischen einem Brasilianer und einer Brasilianerin für das Gebiet