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des Verfassungsrechts: sie ist nach unserem Reichsstaatsrecht
verneinend zu beantworten. Wenn nun der Vertrag hierüber
keine Bestimmung trifft, so ist eine solche im Vertragsgesetz
auch nicht enthalten. In letzterem steht doch nur das, was sich
auch im Vertrage befindet. Dass nicht sämtliche Vertrags-
bestimmungen deutsches \ertragsgesetz werden, se} nieht noch
einmet ausgeführt werden+-wohl aber ist darauf hinzuweisen, dass
nur Vertragsbestimmungen mit diesem Charakter bekleidet werden
können. Was völkerrechtlich nicht vereinbart ist, wird auch nicht
Vertragsgesetz; denn nur der Wortlaut des Vertrages wird als
solches genehmigt, ausgefertigt und verkündet. Folglich ist im
Vertragsgesetz weder eine Delegation zur Kündigung des Ver-
trages noch zur Aufhebung des Vertragsgesetzes enthalten.
Hat die Kündigung des Vertrages für das Vertragsgesetz
die Bedeutung des Eintritts der Resolutivbedingung, so ist es
unerheblich, von welcher der beiden Vertragsmächte sie ausgeht.
Der fremde Staat hat natürlich nicht die Fähigkeit, das deutsche
Vertragsgesetz ausser Kraft zu setzen; seine Willenserklärung ist
auch gar nicht hierauf gerichtet. Der Eintritt der Bedingung
kann aber sehr wohl durch die Hanaluug eines Unbeteiligten
herbeigeführt werden. Das deutsche Vertragsgesetz tritt nach
dem Willen des deutschen Gesetzgebers ausser Kraft, sobald der
fremde Staat den Vertrag kündigt.
Bei dieser Sachlage bedarf es weder einer das Vertragsgesetz
aufhebenden Verordnung, noch einer Bekanntmachung seines Er-
löschens. Der Eintritt der Bedingung, bezw. des „dies“, bewirkt das
Erlöschen von Rechtswegen. Dass trotzdem eine Bekanntmachung
und zwar im Reichsgesetzblatt, nicht nur zweckmässig, sondern im
höchsten Grade erwünscht wäre, wird niemand bestreiten wollen.
Wir haben bisher diejenigen Fälle betrachtet, in welchen
das Vertragsverhältnis und mit ihm das Vertragsgesetz in der vor-
gesehenen Weise sein Ende erreicht. Es ist weiter zu prüfen,
wie es sich mit dem Vertragsgesetz verhält, wenn der Vertrag