Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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in anderer Weise aufgehoben wird. Folgende Möglichkeiten sind 
gegeben: ein auf längere Zeit geschlossener Vertrag wird durch 
Vereinbarung der Kontrahenten früher aufgehoben; ein ohne 
Zeit- und Kündigungsbestimmung geschlossener Vertrag wird 
durch ein Uebereinkommen ausser Kraft gesetzt, ohne dass in 
beiden Fällen ein neues Vertragsverhältnis geschaffen würde; der 
Vertrag wird von einem Kontrahenten der Vereinbarung zuwider 
aus besonderen völkerrechtlichen Gründen gekündigt oder auf- 
gehoben: im Notstande, als Repressalie, aus Anlass eines Krieges, 
der Rücktritt vom Vertrage wegen Nichterfüllung durch die andere 
Partei. Nicht hierher gehört dagegen das Erlöschen der Vertrags- 
verbindlichkeit wegen Unterganges des mitkontrahierenden Staates; 
dann ist das Vertragsgesetz materiell hinfällig geworden’. Hat es 
z. B. den Angehörigen des Staates A. bestimmte Rechte gewährt, 
so können nur Angehörige des A dieselben in Anspruch nehmen; 
es giebt solche aber nicht mehr, sobald A selbst nicht mehr vor- 
handen ist. — In den zu betrachtenden Fällen handelt es sich noch 
einmal darum, ob das Vertragsgesetz mit dem Vertrage erlischt 
oder ob es durch ein neues Gesetz aufgehoben werden muss. 
Die letztere Meinung wird von den bereits erwähnten Lehrern 
des württembergischen Staatsrechts vertreten. Ihr muss selbst- 
verständlich auch Zorn, der Leugner des Völkerrechts, huldigen; 
er sagt: „Es kommen hier lediglich die allgemeinen Grundsätze 
über Aufhebung von Gesetz und Verordnung zur Anwendung. 
Die „völkerrechtlichen“ Auflösungsgründe haben dann nur mora- 
lische Bedeutung und bieten höchstens den Grund für die juris- 
tische Aufhebung von Verträgen, können aber nicht diese selbst 
bewirken, so insbesondere die Nichterfüllung des Vertrages von 
der anderen Seite. Dass der Kaiser kraft seines Rechts zur 
völkerrechtlichen Vertretung des Reiches „befugt“ sei, „ohne 
Mitwirkung von Bundesrat und Reichstag die Gesetzeskraft eines 
Staatsvertrages aufzuheben, indem er derselben die völkerrecht- 
07 Vgl. Zorn, Staatsrecht, Bd. I $ 18 S. 516. 
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