Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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am geschlossene Handelsvertrag wird aufgehoben.“ Das ıst 
der uns interessierende Fall. Bedarf dieser Vertrag, für sich be- 
trachtet, der Zustimmung von Bundesrat und Reichstag? Diesd 
Frage ist zu verneinen, auch wenn der Vertrag sich auf Gegen! 
stände bezieht, welche nach Art. 4 der Reichsverfassung in den 
Bereich der Reichsgesetzgebung gehören. LaBanD legt Art. 11 
Abs. 3 der Reichsverfassung dahin aus, „dass Willensakte, welche 
das Reich verfassungsmässig nur unter Zustimmung des Bundes- 
rates und mit Genehmigung des Reichstages, d. h. in der in 
Art. 5 definierten Form des Reichsgesetzes vornehmen kann, an 
diese Erfordernisse auch dann gebunden sein sollen, wenn sich 
das Reich zur Vornahme derselben verpflichtet hat. Dieses 
Kriterium wird aber nicht dadurch gegeben, ob der Staatsvertrag 
einen Gegenstand betrifft, welcher in Art. 4 der Reichsverfassung 
aufgeführt ist oder nicht, sondern einzig und allein dadurch, ob 
zur Vollziehung des Staatsvertrages ein Befehl erforderlich ist, 
den der Kaiser nur unter Zustimmung des Bundesrates und mit 
Genehmigung des Reichstages (im Gesetzgebungswege) erlassen 
kann, oder ob der Kaiser die zur Erfüllung des Staatsver- 
trages erforderlichen Befehle selbständig (im Verordnungs- 
wege) zu erlassen befugt ist?’®.“ }So gewiss wie der Vertrag, welcher 
nur einen älteren aufhebt, selbst ein Vertrag ist, so gewiss ist 
zu seiner Ausführung kein staatsrechtlicher Befehl erforderlich. 
Keiner der Kontrahenten verpflichtet sich dazu, eine Aenderung 
in seiner Gesetzgebung oder in seiner Verwaltung vorzunehmen, 
sondern ein jeder verzichtet nur auf die Leistungen, welche dem 
anderen Teile nach dem aufgehobenen Vertrage oblagen. In keiner 
Weise bedingt der neue Vertrag, das völkerrechtliche Rechts- 
geschäft, von sich aus die Aufhebung des älteren Vertragsgesetzes. 
Deshalb können wir die Ausserkraftsetzung des Vertrages durch 
einen neuen Vertrag und durch einseitige Erklärung eines der 
beiden Teile gemeinschaftlich behandeln. 
‘8 LaBanD, 8 61 (2. Aufl.) S. 640—641.
	        
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