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gegenüber erlassen. Das bayerische Reservatrecht kommt Gesetzen
dieser Art gegenüber gar nicht in Betracht. Für solche Gesetze
gilt vielmehr lediglich der Art. 2 der Reichsverfassung, wonach
die Reichsgesetze den Landesgesetzen vorgehen.
Wendet man diese Grundsätze auf das Bürgerliche Gesetz-
buch an, so ergiebt sich folgender Satz:
„Die Kompetenz des Reiches zum Erlass des
Bürgerlichen Gesetzbuchs gründet sich auf den
Art.2 No. 13 der Reichsverfassung, dem gegenüber
kein Reservatrecht anerkannt ist. Das Bürger-
liche Gesetzbuch tritt deshalb auch in Bayern in
vollem Umfange in Kraft. Wo die bayerischen Ge-
setze über Heimaths- und Niederlassungsverhält-
nisse etwas bestimmen, was mit dem Bürgerlichen
Gesetzbuch im Widerspruch steht, treten sie mit
dem Geltungsbeginn des Bürgerlichen Gesetzbuchs
ausser Kraft.“
(segenüber diesem Ergebniss könnte man vielleicht, was
speziell das Eherecht betrifft, geneigt sein, das Schlussprotokoll
zum Versailler Bündnissvertrag, welches allerdings durch die
Reichsverfassung nicht beseitigt worden ist”, anzuführen. Daselbst
heisst es nämlich unter No. 1:
„Es wurde anerkannt, dass, nachdem sich das Ge-
setzgebungsrecht des Bundes bezüglich der Heimaths- und
Niederlassungsverhältnisse auf das Königreich Bayern nicht
erstreckt, die Bundeslegislative auch nicht zuständig sei,
das Verehelichungswesen mit verbindlicher Kraft für Bayern
zu regeln und dass also das für den Norddeutschen Bund er-
lassene Gesetz vom 4. Mai 1868, die Aufhebung der poli-
zeilichen Beschränkungen, der Eheschliessung betreffend je-
” Gesetz,betr. die Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871
5 3 (B. G.-Bl. S. 63).