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ausgenommen den König von Frankreich, seinen Lehnsherrn, zu
gewähren. Für den Fall eines Krieges zwischen England und
Frankreich verpflichteten sie ihn dagegen, Frankreich möglichst
wenig Mannen zur Verfügung zu stellen; gerade nur soviel, als
zur Vermeidung des Treubruchs erforderlich sei“. Philipp der
Kühne von Burgund war ebenfalls zu gleicher Zeit Vasall Frank-
reichs und der deutschen Krone; 1363 belehnte ihn Johann von
Frankreich mit dem Herzogthum von Burgund, nachdem er schon
früher von Karl dem Vierten als deutsches Lehen die Freigraf-
schaft gleichen Namens erhalten hatte.
Das moderne Staatsrecht steht zum grossen Theil noch auf
dem Standpunkte, dass eine mehrfache Staatsangehörigkeit in
weiterem Umfange möglich ist: entweder haben die Landesgesetz-
gebungen keine Bestimmungen getroffen, um eine solche in be-
stimmten Fällen zu verhindern, oder sie findet sich stellenweise
sogar formell anerkannt.
Das zuletzt Gesagte gilt vor Allem für das Deutsche Reichs-
und Landesstaatsrecht bezüglich der mediatisirten Standesherrn;
die Bundesakte vom 8. Juni 1815, Art. 14, verlieh ihnen ge-
wissermaassen die Stellung von privilegirten „sujets mixtes“; sie
sind Angehörige aller der Staaten, in deren Gebiet ihre Be-
sitzungen liegen, und üben auch politische Rechte in denselben
aus; so haben sie z. B. Sitz und Stimme in den ersten Kammern **.
Ferner ist es den Angehörigen eines Deutschen Bundesstaats
unbenommen, in einem oder mehreren andern die Staatsangehörig-
keit zu erwerben, ohne dass dadurch die ursprüngliche verloren
ginge 2,
Aber auch schon vor der Einigung des Deutschen Reichs
war in verschiedenen deutschen Staaten der Besitz einer mehr-
fachen Staatsangehörigkeit prinzipiell anerkannt, wie in Preussen,
40 LAURENT a. a. OÖ. S. 350, Anm. 1.
#1 BLUNTScHaLI, Völkerrecht 374, S. 218. — FALckeE a. a. 0. 8.9.
42 FALCKE a. 8. O. 8. 17.