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werden, wo die Geburt auf französischem Boden bloss Sache des
Zufalls gewesen ist, wie z. B. auf der Durchreise der Eltern!!?,
Die. Interpretation durch die französischen Gerichte geht sogar
soweit, die rechtlichen Voraussetzungen zur Anwendung dieses
Artikels als vorhanden selbst dann anzunehmen, wenn nur die
Mutter in Frankreich geboren ist!!*. Bedenkt man dazu noch,
dass die einheimische Jurisprudenz diesem Gesetze rückwirkende
Kraft zuerkennt, so kann man sich nicht wundern, wenn trotz
der kurzen Zeit seines Bestehens die Zahl der Reklamationen
eine verhältnissmässig grosse gewesen ist!!5, Vor Allem sind Kol-
lisionen mit den Nachbarländern, welche, wie Italien, Deutsch-
land u. a., allgemeine Wehrpflicht haben, auf die Dauer unver-
meidlich. Man braucht sich z. B. nur vorzustellen, dass eine
ausländische Familie an der französischen Riviera ein Landhaus
besitzt, wo sie jährlich einige Zeit zubringt; die durch eine Laune
des Zufalls dort, also auf französischem Boden, geborene Tochter
des Hauses verheirathet sich mit einem Italiener. Der dieser
Ehe entsprossene Sohn kommt ebenfalls auf diesem Landsitze
zur Welt. In Folge des erwähnten Artikels des code civil ist
er nun gleichzeitig Franzose und Italiener!!*. Er wird in Frank-
reich wie in Italien auf den militärischen Listen geführt und von
beiden Staaten mit demselben Recht reklamirt!!”", Schon zwei
Jahre nach Einführung des Gesetzes von 1889 war die belgische
Regierung genöthigt, im Interesse ihrer Staatsangehörigen Frank-
reich gegenüber auf eine Heranziehung der dort geborenen, unter
118 AUDINET, observations sur le projet de loi relatif & la nationalite
frangaise (J. d. dr. pr. i. 1889 8.199 u. 200).
114 Le SUEUR et DREYFUsS a. a. O. — Weıss a.a. 0. S.201 u. Anm. 4.
115 Vgl. Fall Hess, J. d. dr. i. pr. XIX S. 223 ff.; Fall OLaızoLa, ibid.
S. 995ff. (Spanien); Fall Exsuaw, ibid. S. 997 ff. (England).
118 Vgl. CLuxet, J.d.dr.d.i. pr. XVII S. 98—100.
117 Ein Ausscheiden aus dem französischen Staatsverband ist erst nach
erlangter Volljährigkeit möglich, und auch da so lange nicht, als der Be-
treffende noch der aktiven Dienstpflicht unterworfen ist.