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eingebrachte Entwurf eines Vereins- und Versammlungsgesetzes.
Die Antragsteller hoben hervor, dass die Verschiedenheit der
Vereinsgesetzgebung und die Einschränkung der Vereins- und
Versammlungsfreiheit in mehreren derselben eine einheitliche Ord-
nung erheische. Auch damals wurde ein Resultat nicht erzielt‘.
Der erste Entwurf des bürgerlichen Gesetzbuchs nahm von einer
reichsrechtlichen Regelung des privatrechtlichen Vereinsrechtes
Abstand. Erwerb und Verlust der Korporationsrechte eines
Vereins sollten sich nach den Landesgesetzen bestimmen, die
brennende Frage der Korporationsbildung blieb ungelöst. Das
innere Körperschaftsrecht des Eintwurfes enthielt nur Grundsätze
über die Vereinsverfassung, eine gemeinrechtliche Körperschafts-
theorie, insbesondere über die Entstehung der juristischen Per-
sönlichkeit für die vielverzweigten Vereinigungen fehlte. Ab-
gesehen von den politischen Bedenken hob die Begründung hervor,
dass es bei der Verschiedenheit der Zwecke und Ziele der Ver-
eine zu schwierig sei, durch allgemeine Normativbestimmungen
sachgemäss die gesetzliche Regelung der Rechtsverhältnisse der
Vereinsarten nach ihrer inneren und äusseren Seite zu verbinden.
Aus diesen Erwägungen und von dem Gedanken ausgehend, dass
die Förderung der Einzelinteressen nur insoweit das Ziel der
Gesetzgebung sein könne, als das Gesammtwohl es gestatte, ge-
langte die Kommission zum Ergebniss, es verdiene den Vorzug,
von einem Reichsvereinsgesetze abzusehen und die Normirung den
Landesgesetzen zu belassen, soweit nicht reichsrechtliche Körper-
schaften in Frage kommen. Hierfür spreche der enge Zu-
sammenhang mit dem öffentlichen Vereinsrechte und die z. Zt.
noch verschiedene Gestaltung des Letzteren in den Einzelstaaten°.
* Vgl.v. Rönne, Das Staatsrecht des Deutschen Reichs. 2. Aufl. I. Bd.
S. 193,
5 Vgl.Dr. M. Rump, Das bayerische Gesetz vom 29. April 1869 u. s. w.,
mit spezieller Berücksichtigung des künftigen Reichszivilrechts. München,
J. Schweizers Verlag 1895.