Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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Der Standpunkt des Entwurfes erster Lesung wurde s. Zt. 
vielfach angefochten, insbesondere trat der XIX. Juristentag (1888) 
für die Anerkennung des Prinzips der freien Korporationsbildung 
im bürgerlichen Gesetzbuch ein, wobei der Schwerpunkt auf all- 
gemeine Bestimmungen über Erwerb und Verlust der Körper- 
schaftsrechte gelegt wurde. So beschloss denn auch die Redaktions- 
kommission bei der zweiten Lesung des Entwurfs (der 23. Sitzung 
vom 17. Dezember 1891 mit 14 gegen 9 Stimmen) die einheit- 
liche Regelung der Rechtstellung privatrechtlicher Körperschaften 
im zukünftigen deutschen Gesetzbuch. 
Die einheitliche Ordnung beschränkt sich auf die privatrecht- 
liche Seite der Vereine, für die Ordnung des öffentlichen Vereins- 
rechtes mit Einschluss des staatlichen Aufsichtsrechtes bleibt das 
Landesrecht maassgebend. Aber auch in ihren privatrechtlichen 
Beziehungen ist eine erhebliche Zahl von Vereinigungen der Re- 
gelung durch das Zivilrecht nicht unterworfen. Hierher gehören 
zunächst die durch Reichsgesetze geordneten Vereinigungen, ins- 
besondere die handelsrechtlichen Gesellschaften, die Grenossen- 
schaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung; weiter alle 
Gesellschaften des Versicherungsrechtes (mit Rücksicht auf die in 
Aussicht genommene Reichsgesetzgebung). Endlich bleiben der 
Landesgesetzgebung alle Vereinigungen überlassen, welche einem 
den Einzelstaaten vorbehaltenen Sondergebiete angehören, wie 
dem Agrarrechte, dem Wasserrechte, dem Forstrechte, dem Berg-, 
Jagd- und Fischereirechte. Als hauptsächliche Aufgabe blieb 
hiernach dem Gesetzbuch die Ordnung derjenigen Vereine, welche 
geistige, sittliche, soziale, politische, religiöse und ähnliche Zwecke 
verfolgen, — der Vereine mit sog. idealen Tendenzen. 
Für die Erlangung der Rechtsfähigkeit finden sich im gelten- 
den Rechte drei Systeme: das sog. Konzessionssystem, das System 
der freien Körperschaftsbildung und das der Normativbestimmungen. 
Nach ersterem ist zum Erwerb der Rechtsfähigkeit staatliche 
Verleihung erforderlich. Es gilt reichsgesetzlich für Innungsver-
	        
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