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Literatur.
Pierre Dandurand, Docteur en droit, Le Mandat Imperatif. Paris 1896.
186 S. 8°,
Die Schrift enthält einen gutgeschriebenen, auf gründlichen Studien
beruhenden Versuch, das imperative Mandat zu rechtfertigen und seine Ver-
einbarkeit mit dem Prinzip der Volkssouveränetät nachzuweisen. Der Verf.
muss selbstverständlich zugeben, dass nach dem positiven Recht Frank-
reichs und aller konstitutionellen Staaten das imperative Mandat unstatthaft
ist und dass fast in allen Verfassungen der Satz wiederkehrt, dass die Ab-
geordneten Vertreter der ganzen Nation und an Instruktionen nicht ge-
bunden sind. Diese Ausführungen sind, da sie in der Hauptsache nichts
Neues bringen, vielleicht etwas zu umfangreich ausgefallen; doch ist dem
Verf. daraus um so weniger ein Vorwurf zu machen, als er es versteht, in
sehr interessanter Weise die Entstehung, Ausbildung und Verbreitung dieses
Verfassungsgrundsatzes darzulegen. Diesem formellen gesetzlichen Recht
stellt er nun aber seine praktische Durchführung gegenüber.
Mit Recht hebt er hervor, dass die Verfassungen zwar die Verpflich-
tung des Deputirten, das von ihm aufgestellte Programm zu befolgen, für
rechtsunwirksam erklären, aber nicht die Wahl des Deputirten, welcher eine
solche Verpflichtung übernommen hat, für nichtig, und dass auch thatsäch-
lich die parlamentarischen Körperschaften Wahlen aus diesem Grunde nicht
kassiren. Das Verbot des imperativen Mandats ist daher eine lex imperfects,
und der Verf. entwickelt sehr gut die Gründe, aus denen es undurchführbar
ist, Rechtsfolgen an die Verletzung des Verbots zu knüpfen. Jedenfalls ist
das Verbot nur an die Deputirten, nicht an die Wähler gerichtet. Die letzteren
wählen denjenigen Kandidaten, welcher ihnen verspricht, eine ihren Inter-
essen und politischen Ansichten entsprechende Haltung einzunehmen; sie
wählen ihn in der Erwartung, dass er seinem Versprechen getreu bleiben
werde; sie begnügen sich auch nicht immer mit allgemeinen und unbestimmten
Versicherungen, sondern sie lassen öfters von dem Kandidaten eine Urkunde
unterzeichnen und dem Wahlcomite einhändigen, in welcher er bestimmte