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dass die Gebühren gemeint seien, geht erst durch Einblick in das G.-K.-Gesetz
hervor. Auch würde es sich S. 421 empfohlen haben, bei Erwähnung der
Vollmachten in Straf- und Privatklagesachen, denen hier der Charakter einer
Prozessvollmacht abgesprochen wird, auf S. 426 zu 3 hinzuweisen, wo die
Stempelpflichtigkeit solcher Vollmachten erörtert wird. Endlich hätten wir
es zur Vermeidung von Wiederholungen für besser gehalten, wenn 8. 360, 361
die Bestimmungen des Erbschaftssteuergesetzes (welches im Anhang besonders
abgedruckt ist), wenigstens bezüglich des Tarifs hier Aufnahme gefunden hätten,
sodass dessen Vorschriften hier auch die erforderliche Kommentirung fanden.
Diese kleinen Ausstellungen kommen aber kaum in Betracht gegen-
über den unleugbaren Vorzügen der gesamten Arbeit, welche am Schluss
noch eine sehr verdienstliche Zusammenstellung der den Notaren zustehen-
den Befugnisse und obliegenden Verpflichtungen enthält und sich durch ein
sehr ausführliches und zuverlässiges Sachregister auszeichnet. Ueberall ist die
Rechtsprechung ohne überflüssigen Ballast eingehend berücksichtigt und, wo
es nöthig, auch kritisirt, die Beispiele sind geschickt gewählt, die historischen
Rückblicke und die Wiedergabe der Motive und Kommissionsberichte nicht
zu ausführlich und so ist Alles in Allem hier ein Werk geschaffen, dem die
weiteste Verbreitung in allen interessirten Kreisen wohl zu wünschen ist.
Eichhorn.
Dr. Rudolf Hühner, Jacob Grimm und das deutsche Recht. Mit
einem Anhang ungedruckter Briefe an Jacob Grimm. Göttingen,
Dietrich’s Verlag, 1895. Gr. 8° VIII u. 187 S. 3 Mk. Geb. 4 Mk.
Die kleine Schrift handelt warm und anschaulich von der Bedeutung
JacoB GRIMM’s für die deutsche Rechtswissenschaft. Wir lernen, wie der junge
Student der Jurisprudenz in Marburg durch Savıany angeregt wird; er begleitet
den Lehrer nach Paris, ihm bei seinen Arbeiten zu helfen. Nach Hessen zurück-
gekehrt, wird Grımm wider Willen in die diplomatische Laufbahn gedrängt
und muss sich gewaltsam von ihr losreissen, um dem Studium altgermanischer
Sprache und Dichtung obzuliegen. Von hier findet er den Seitenpfad zur
Erforschung des altheimischen Rechtes, und unter dem Einflusse von Savıany's
Lehren reift die Erstlingsfrucht der juristischen Arbeiten, die Abhandlung
über die „Poesie im Recht“. Bald darauf erscheinen — ebenfalls in
Savısny’s Zeitschrift — verschiedene andere Aufsätze. Sie alle zeugen von den
umfassenden Quellenstudien, und besonders gilt das von der Arbeit „über
die Literatur der altnordischen Gesetze“. Nur die langjährige,
ı unermüdliche Materialsammlung macht es begreiflich, dass GRIMM einen in-
mitten grammatischer Arbeiten zu Anfang des Jahres 1827 gefassten kühnen
Gedanken sofort kann zur That werden lassen: schon im Sommer beginnt
der Druck der „Rechtsaltertümer“; in Jahresfrist ist das gewaltige Werk
vollendet und setzt die gelehrte Welt in Staunen. Wir übersehen die Ent-
wicklung des Buches und verfolgen Mitwirkung und Urteil der Freunde. Die