Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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teren insbesondere bestimmt, wird vor der jedesmaligen konkreten Unter- 
suchung eine allgemeine Darlegung der Verhältnisse versucht, so der Zer- 
gliederung der sozialen Organisationsformen (geschlechterrechtliche, territorial- 
genossenschaftliche, herrschaftliche und gesellschaftliche) eine Betrachtung 
über die soziale Natur des Menschen und die allgemeinen Grundzüge jeg- 
licher sozialen Differenzirung vorangeschickt. So ergänzen sich jeder Zeit 
die universellen Formen der Entwicklung und das spezifische, konkrete Ma- 
terial, aus dem sich jene Abstraktionen, oder etwas volltönender ausge- 
drückt, die Normen und Gesetze des sozialen Lebens ergeben. Der zweite 
(ungleich stärkere) Band umfasst die spezielle Rechtsgeschichte des Personen-, 
Familien-, Erb-, Buss- und Straf-, des Rache-, des Prozess- und Vermögens- 
rechts, und das Alles nur insoweit, als hierbei allgemeine Ideen zum Aus- 
druck gelangen, die nicht als Sondergut irgend eines Volkes oder einer Rasse 
bezeichnet werden können. Deshalb ist auch die Rechtsentwicklung des 
europäischen Kulturkreises fortgelassen, oder wenigstens nur gelegentlich zur 
Veranschaulichung herangezogen. Post hat unter einem ganz ansprechenden 
Vergleich das Verhältniss dieser beiden Bände zu einander dargestellt und 
zwar folgendermaassen: Im ersten Bande dieses Werkes galt es, die grossen 
Grundströme des Rechtslebens zu erfassen, wie sie durch die sozialen Orga- 
nisationsformen des Völkerlebens ihr Bett und ihre Richtung erhielten. 
Dieser zweite Band war den Nebenströmen gewidmet, welche in unendlicher 
Mannigfaltigkeit neben jenen Grundströmen herlaufen. Auch unter diesen 
giebt es noch mächtige Hauptflüsse, daneben aber unzählige kleinere bis zu 
spärlichen Rinnsalen herab. Es tritt daher in diesem Bande die Vielgestal- 
tigkeit der Schöpfungen des Rechtslebens unendlich stärker hervor, wie in 
jenem. Es ist die Aufgabe der ethnologischen Jurisprudenz, neben der Fest- 
stellung der grossen Grundgesetze des Rechtslebens auch jener überwältigen- 
den Menge organischer Ansätze nachzuspüren, wie sie als Verfallprodukte 
früherer Organisationsformen, dem Triebe der Selbsterhaltung folgend, oft 
in sonderbar verzerrten Formen, heimlich und oft lichtscheu weiterschleichen, 
wie sie an irgend welchen unfruchtbaren Stellen des Volkslebens in neuen 
Gestalten aufschiessen, wie sie sich mit anderen Ansätzen verbinden und ver- 
schmelzen, bis schliesslich jenes mit Trümmern von Jahrhunderten und Jahr- 
tausenden besäete und gleichzeitig von den frischesten Gewässern durch- 
rieselte, mit grünenden Wiesen und Feldern bestandene Gebiet des Volks- 
lebens entsteht, welches wir das praktische Recht eines Volkes nennen (II, 
718). Wenn Post bescheiden hinzusetzt, dass seine Arbeit voll von klaffenden 
Lücken sei, welche erst die Wissenschaft der Zukunft würde ausfüllen können, 
so darf man dem gegenüber wohl behaupten, dass sein Buch zur Zeit un- 
übertroffen dasteht und wahrscheinlich noch für eine lange Reihe von Jahren 
die Vorherrschaft unbestritten führen wird; denn es vereinigten sich in dem 
seiner Wissenschaft viel zu früh entrissenen Forscher zwei sehr wichtige und 
leider häufig getrennte Eigenschaften, eine scharfe, induktive Analyse, die
	        
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