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deutschen Gesetzgebung gegenüber den auch sie nicht verschonenden An-
griffen zu Theil werden lässt. Dabei führt er namentlich die Grösse unserer
sozialpolitischen Lasten auf ein im Verhältnis zum Zwecke richtig ge-
würdigtes Maass zurück, verficht den in unserer Gesetzgebung wirkenden
Zwang, der häufig als ein Stück Staatssozialismus gebrandmarkt wird, als
dienlich der wahren Freiheit und dem Frieden und widerlegt des Weiteren
manche besonders der Unfallversicherung entgegengehaltene Behauptungen,
so vor Allem die, dass die deutsche Gesetzgebung auf diesem Gebiete die
Zahl der Unfälle durch eine künstlich gezüchtete Sorglosigkeit der Arbeiter
und Gleichgültigkeit der Arbeitgeber vermehrt habe.
Referent beschränkt sich an dieser Stelle auf die vorstehenden kurzen
Hinweise, nachdem er das Werk bereits ausführlich im 4. Bande des „Ver-
waltungsarchivs“, namentlich auch unter dem Gesichtspunkte besprochen hat
inwieweit die ausländische Gesetzgebuug für die Reform und Vereinfachung
unserer eigenen Einrichtungen Auregung zu bieten vermag. Sicher wird kein
Leser das Buch aus der Hand legen, ohne durch Form und Inhalt desselben
in gleicher Weise befriedigt zu sein.
Freiburg i.B. Rosin.
Th. Halbey, Geheimer Ober-Regierungsrath und vortragender Rath im
Ministerium des Innern, Das Gemeindeverfassungs- und Ver-
waltungsrecht der sieben östlichen Provinzen Preussens.
Erster Band. Carl Heymann’s Verlag, 1896. V. 763 Seiten. M. 16.—.
Der Verfasser des vorliegenden Werkes ist seither auf dem darin
behandelten Gebiete in verschiedener Weise thätig gewesen: literarisch und
praktisch. Die neue Bearbeitung des die Angelegenheiten der Stadt- und
Landgemeinden umfassenden dritten Bandes des von Braucaitsch’schen Kom-
mentares zu den neuen preussischen Verwaltungsgesetzen rührt von ihm her;
ebenso stammen die beiden Abhandlungen in dem Verwaltungsarchiv von
SCHULTZENSTEIN und Keit: „Das kommunale Verhältniss der kölmischen Güter
in den Provinzen Ost- und Westpreussen* und „Ueber Begriff und Wesen
des öffentlichen Rechts“ (Band 2 S. 393, Band 4 S. 129) aus seiner Feder.
(Von diesen beiden Aufsätzen ist der zuletzt Genannte in das vorliegende
Werk unter VII wörtlich übernommen, der zuerst Genannte dagegen zum
grössten Theile darin verarbeitet.) Praktisch ist er mit der behandelten
Materie durch seine langjährige Stellung als vortragender Rath im Ministerium
des Innern und als Mitglied des Gerichtshofes zur Entscheidung der Kompetenz-
konflikte befasst worden. Bei den Berathungen verschiedener die Gemeinde-
verfassung und Verwaltung regelnden Gesetze, namentlich der Landgemeinde-
Ordnung vom 3. Juli 1891 und zuletzt noch des Kommunal-Abgabengesetzes vom
14. Juli 1893 hat er als Regierungs-Kommissar fungirt. Lassen diese äusseren
Umstände auf der einen Seite darauf schliessen, dass es sich bei dem vor-
liegenden um ein Werk handelt, das mit vollster Beherrschung des darin ver-