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Diese bezeichnen mit Naturalisation in einem engeren Sinne nur
denjenigen rechtlichen Vorgang, wodurch einem Ausländer in
Folge seines ausdrücklich kundgegebenen Willens die Aufnahme
in den Staatsverband durch einen besonderen souveränen Akt der
Staatsgewalt ertheilt wird, ohne dass der Betreffende ein wohl-
erworbenes Recht auf dieselbe gehabt hätte. Daneben kennen die
Heimathsrechte noch eine zweite Art der Aufnahme in den Staats-
verband, wo der Wille, dıe Nationalität erwerben zu wollen,
gewissermassen präsumirt wird, wie bei der sich mit einem In-
länder verheirathenden Ausländerin ?, oder bei den in den ein-
heimischen Staatsdienst tretenden Fremden. Man könnte ver-
sucht sein, diesen rechtlichen Vorgang als eine Art privilegirter
Naturalisation zu behandeln. Da er jedoch von den Gesetzge-
bungen als besonderer Erwerbstitel der Staatsangehörigkeit auf-
geführt wird, so soll er auch hier unabhängig von der Natura-
lisation im engeren Sinne erörtert werden.
Eine dritte Art des freiwilligen Erwerbs, der auf den ersten
Blick mit der Naturalisation identisch zu sein scheint, gehört
nicht hierher, da der Eintritt in den Staatsverband auf einem
wohlerworbenen Recht des Petenten beruht, wie bei der Aus-
übung des von manchen Staaten den im Lande geborenen Kin-
dern von Ausländern eingeräumten Rechts, für das Indigenat des
Geburtslandes zu optiren, oder bei dem von vielen Ländern ihren
ehemaligen Angehörigen gestatteten Antrag auf Reintegration.
Hier liegt es nicht im freien Ermessen des um die Aufnahme
angegangenen Staats, dieselbe zu verweigern; er muss sie ge-
währen, sobald der Betreffende von den ihm zustehenden Vor-
recht Gebrauch macht.
Ueberall da nun, wo einem Ausländer die Naturalisation er-
theilt wird, ohne dass er dadurch die ursprüngliche Staatsangehörig-
keit verliert, muss eine mehrfache Staatsangehörigkeit entstehen:
? Weiss a. a. O. S. 504 u. fl.