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Hat doch diese Frage im Jahre 1812 mittelbar sogar zum
bewaffneten Konflikt zwischen England und den Vereinigten
Staaten geführt ?°: die Engländer hatten damals den Anspruch
erhoben, bei der Ausübung des „right of visitation and search‘
dem „impressement* nur die eingeborenen Amerikaner nicht
unterwerfen zu, wollen, die in Amerika naturalisirten Engländer
dagegen als „seafaring subjects* zu betrachten, sobald diese
auf hoher See unter neutraler Flagge betroffen würden. Als
„independent nation“ konnten die Amerikaner sich eine der-
artige Forderung nicht gefallen lassen, und es kam deshalb zum
Kriege. Im Laufe desselben liess Grossbritannien die in seine
Gefangenschaft gerathenen, in Amerika naturalisirten Engländer
wiederholt wegen Hochverraths unter Anklage stellen, ein Vor-
gehen, welches auf amerikanischer Seite zu den denkbar schärf-
sten Repressalien führte.
Auch später hat Grossbritannien den Vereinigten Staaten
gegenüber den gleichen Standpunkt eingenommen, als es sich
genöthigt sah, gegen die irischen Aufstandsversuche vorzugehen;
es machte von neuem den Versuch, in der Behandlung der vor
die englischen Gerichte gestellten Amerikaner den Unterschied
zwischen eingeborenen und naturalisirten Bürgern festzuhalten.
Der Konflikt fand erst in dem Naturalisationsvertrag vom 13. Juni
1870 sein Ende, in welchem England zu Gunsten der Vereinigten
Staaten auf sein bisheriges Prinzip verzichtete ?®.
Den gleichen Erfolg errangen die Vereinigten Staaten Preussen
gegenüber: die preussische Regierung hatte seit den vierziger
Jahren die Praxis befolgt, dass sie in den zahllosen Fällen,
wo junge Leute, ohne der Militärpflicht genügt zu haben, nach
den Vereinigten Staaten auswanderten und sich dort naturali-
siren liessen, diese bei einer etwaigen Rückkehr nach der Hei-
25 Vgl. Marrırz a. a. OÖ. S. 807 ff, — PaitLimoRE, Commentaries upon
international law, London 1857 III. 335.
26 Vgl. Marrırz a. a. O. S. 834.