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math wegen Verletzung der Wehrpflicht bestrafen und dann,
sofern sie durch Verjährung ihre preussische Staatsangehörigkeit
noch nicht verloren hatten, als unsichere Kantonisten in die
preussische Armee einstellen lies. Es ist bekannt, wie diese
Vorgänge Ende der fünfziger Jahre in Folge des von der ameri-
kanischen Regierung gegen das geschilderte Verfahren Preussens
eingelegten Protests zu einem langjährigen diplomatischen Kriege
zwischen den betheiligten Mächten Anlass gegeben haben. Ihren
Abschluss erreichten diese Schwierigkeiten erst in dem zwischen
dem Norddeutschen Bund und der Union geschlossenen sogen.
Bancroft-Vertrage vom 22. Februar 1868. Analoge Verträge
wurden im Laufe desselben Jahres von Baxcrorr mit den süd-
deutschen Staaten Bayern (am 26. Mai), Baden (am 19. Juli),
Württemberg (am 27. Juli) und Hessen (am 1. August) ge-
schlossen.
In Folge dieser Verträge hat das Prinzip des deutschen
Heimathsrechts, wie es aus dem preussischen Gesetze vom
31. December 1842 in die Reichsgesetzgebung vom 1. Juni 1870
übergegangen war — dass die Naturalisation im Auslande an
sich keinen Aufhebungsgrund für die einheimische Staatsange-
hörigkeit bildet —, den Vereinigten Staaten gegenüber vollständig
seine Bedeutung verloren. Denn der Art. 1 des Bancroft-Vertrages
erkennt an, „dass Angehörige des Norddeutschen Bundes, welche
naturalisirte Staatsangehörige der Vereinigten Staaten von Amerika
geworden sind und fünf Jahre lang ununterbrochen in den Ver-
einigten Staaten zugebracht haben, von dem Norddeutschen Bunde
als amerikanische Angehörige erachtet und als solche behandelt
werden sollen“. Der Art. 2 spricht gleichzeitig implicite aus,
dass die deutsche Regierung solchen in Amerika naturalisirten
Deutschen gegenüber auf die Verfolgung der durch die Aus-
wanderung begangenen Verletzung der Wehrpflicht verzichtet ?°.
?? Vgl. Marrırz a. a. O. S. 831 u. 832.