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keit ein Recht auf den Eintritt in ihren Staatsverband gewähren
zu sollen, und lassen sie daher durch eine einfache Erklärung,
ihren Wohnsitz im Lande nehmen und Unterthanen werden zu
wollen, die Staatsangehörigkeit erwerben.
Dieses eigenthünliche und der deutschrechtlichen Auffassung
fremde Privileg liesse sich allenfalls dann einigermassen erklären,
wenn das Kind auch im Lande seiner Geburt seine Erziehung
genossen hat; ein Gesichtspunkt z. B., von dem die russische
Gesetzgebung in dem Ukas vom 6. März 1864 ausgegangen ist,
wenn sie von den „in Russland geborenen und erzogenen Kin-
dern“ spricht. Die anderen Staatsrechte stellen keine derartige
Vorbedingung; ja sie gehen sogar, mit Ausnahme des italieni-
schen und niederländischen, soweit, von dem Betreffenden nicht
einmal zu verlangen, dass er zur Zeit des Eintritts der Gross-
jährigkeit seinen Wohnsitz im Lande habe; die einfache Erklä-
rung, sich dort niederlassen zu wollen, und die thatsächliche
Verlegung des Wohnsitzes dahin genügt; eine bestimmte Dauer
dieses Wohnsitzes ist auch nicht einmal vorgeschrieben.
Man sieht auf den ersten Blick, dass ein derartig formloser
Erwerb der Staatsangehörigkeit zu Konflikten mit all’ den Län-
dern führen muss, welche eine Expatriation durch diese Art des
Eintritts in einen fremden Unterthanenverband nicht in ihren
Gesetzen vorgesehen haben. Und dies sind, mit Ausnahme von
Norwegen? und Frankreich*, neben den oben im $ 8 I schon
gelegentlich der Naturalisation citirten Staaten (wie Deutschland,
die Schweiz, Türkei, Ungarn und die Vereinigten Staaten u. a.)
noch eine ganze Reihe anderer, wie Belgien, Bulgarien, Eng-
®? Vergl. oben $ 3, S. 213, Anm. 66.
4 Vgl. oben $ 3, S. 212, Anm. 56.
5 Venezuela und Argentinien kommen hier nicht in Betracht, da ja
die im Ausland geborenen Kinder von Ausländern nicht als Staatsangehörige
betrachtet werden, ausser wenn sie ihr Domizil im Lande nehmen und für
die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern optiren (vgl. Weiss a. a. O. $S. 223
u. 225).