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Ebenso hat sich Spanien durch die Zähigkeit seiner Tochter-
staaten schliesslich genöthigt gesehen, nachzugeben, und sich
den englischen Grundsatz anzueignen. „In einer Reihe von
Verträgen verzichtete es auf den früher erhobenen Anspruch,
dass seine in jenen überseeischen Ländern geborenen Unter-
thanen dort als spanische Staatsangehörige behandelt werden
sollten“ °. Am interessantesten ist der zwischen Spanien und der
argentinischen Republik geschlossene Vertrag vom 21. September
1863, worin sich die vertragschliessenden Theile gegenseitig zu-
gestehen, dass die Nationalität eines von spanischen Eltern in
Argentinien geborenen Kindes jeweils nach dem Orte bemessen
werden solle, wo die Frage gerade aufgeworfen würde°®; ein
solches Individuum ist demnach in Argentinien Argentinier und
in Spanien Spanier. Eine vollendetere Sanktionirung der mehr-
fachen Staatsangehörigkeit lässt sich nicht denken; die Ent-
stehung von Konflikten ist allerdings auf diese Weise ausge-
schlossen. Wenn jedoch von einem Theil der Wissenschaft
diese Lösung des Nationalitätskonflikts als die allgemein zu er-
strebende hingestellt wird ‘, so muss man dagegen den Einwand
erheben, dass eine solche Lösung doch nur denkbar ist zwischen
Staaten, welche keine entgegengesetzten Interessen verfolgen;
zwischen Frankreich und Italien oder Deutschland würde sie
jedoch zweifellos, für absehbare Zeit wenigstens, unmöglich sein.
5 Solche Verträge schloss Spanien mit: Ecuador (1840), Chile (23. April
1844), Venezuela (30. März 1845), Bolivia (21. Juni 1847), Costa-Rica (10. Mai
1850) und Nicaragua (25. Juli 1850). Vgl. Cosorvan a. a. O. 8. 46 ff.)
6 Art. 7 des Vertrages zwischen Spanien und Argentinien vom 21. Sept.
1863 lautet: „afin d’etablir et consolider l’union qui doit regner entre les
deux peuples, on observera respectivement dans chaque pays pour regler
la nationalit& des Espagnols et des Argentins, les dispositions de la con-
stitution et des lois dece pays. et qu’il suffira, pour constater la natio-
nalit& respective, de se faire inscrire sur le registre national des nationaux,
qui devra ötre tenue dans les l&gations de l’un et de l’autre Etat“ (vgl.
Weiss 8. 259 u. 260).
? Vgl. Cocorvan 8. 425 a. a. O. und Carvo Il a. a. 0. S. 49.