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bedingung der Lösung des alten Unterthanenverhältnisses einen
Aufenthalt von fünf Jahren im Adoptivstaat verlangen, lassen
Belgien, Dänemark und England den Verlust der Staatsangehörig-
keit durch die blosse Thatsache der Naturalisation eintreten.
MaArrırz charakterisirt diese Verträge ganz zutreffend, indem er
sagt, sie seien im Grunde vollständig überflüssig gewesen, da
eine dringende Veranlassung dazu für die Staaten nicht bestand,
welche ja ohnehin die Naturalisation (wie Belgien und Mexiko),
oder doch wenigstens die Auswanderung als Expatriationsmittel
ansahen (wie Oesterreich, Schweden und Dänemark). Ihr Zu-
standekommen hatte nur für die Vereinigten Staaten insofern
einen Werth, als ihre Politik einen für sie nicht zu unter-
schätzenden Triumph gefeiert hatte !®.
Im Gegensatz hierzu hat sich Frankreich nicht dazu bequemt,
den amerikanischen Prätentionen nachzugeben. Trotz des fortwäh-
renden Widerspruchs der Union hat die französische Regierung bis
auf den heutigen Tag an ihrem Recht festgehalten !7. Es entspricht
dieses Vorgehen dem prinzipiell ablehnenden Standpunkt, den
Frankreich von jeher in Naturalisationsangelegenheiten gegen
das Bestehen einer mehrfachen Staatsangehörigkeit eingenommen
hat. Am klarsten tritt derselbe in dem Bescheid hervor, welchen
der französische Justizminister im Jahre 1848 dem englischen
Lord Brovenan auf die Anfrage, ob er trotz seiner Aufnahme
in den Verband der Republik die britische Nationalität behalten
könne, ertheilte: „Si la France vous adopte pour l’un de ses
fils, vous cesserez d’etre Anglais. Vous n’&tes plus Lord Broue-
HAM, vous devenez le citoyen -Brovenam. Vous perdez & l’in-
stant tous privileges, tous avantages, de quelque nature qu’ils
soient, que vous tenez, soit de votre qualite d’Anglais, soit des
droits que vous conferent jusqu’a ce jour les lois ou les coutumes
16 MarrITz a. @&. O. S. 834.
1? Bericht des Staatssekretärs der Vereinigten Staaten M. Bayard vom
8. Mai 1888 (J. de dr. i. pr. XVI S. 268 ff.).