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Ueber die grundsätzliche Stellung, welche der Staat der Schei-
dung gegenüber einzunehmen hat, sprechen sich die Motive des
ersten Entwurfs dahin aus: „Da die Ehe ihrem Begriff und
Wesen nach unauflöslich, die Scheidung daher stets etwas Ano-
males ist, so verdient schon von diesem Gesichtspunkte aus die
Scheidung, wenn gleich dieselbe aus den hervorgehobenen Gründen
nicht zu entbehren, doch keine Begünstigung. Für eine strengere
Gestaltung des Scheidungsrechts sprechen aber auch vom staat-
lichen Standpunkte aus die gewichtigsten Gründe. Der Staat
hat ein dringendes Interesse daran, darauf hinzuwirken, dass die
Ehe als Grundlage der Gesittung und Bildung so sei, wie sie
sein soll und deshalb das Bewusstsein des sittlichen Ernstes der
Ehe und die Auffassung derselben als einer von dem Willen der
Ehegatten unabhängigen sittlichen Ordnung im Volke zu för-
dern, dies geschieht durch Erschwerung der Ehescheidung. Es
wird dadurch einerseits der Eingehung leichtsinniger Ehen ent-
gegengetreten, anderseits darauf hingewirkt, dass die Führung
in der Ehe selbst eine dem Wesen der Ehe entsprechende ist,
da, wenn die Ehegatten wissen, dass die Ehe nicht leicht wieder
gelöst werden kann, die Leidenschaften, welche den Wunsch
nach Scheidung erregen, eher unterdrückt, eheliche Zerwürfnisse
leicht wieder beseitigt werden und an Stelle der Willkür die
Selbstbeherrschung und das Bestreben der Ehegatten treten, sich
einander zu fügen. Dazu kommt, dass auf der Festigkeit der
Ehe im Gegensatze zum Konkubinate die höhere sittliche Stel-
lung des weiblichen Geschlechts beruht, eine zu grosse Erleich-
terung der Scheidung auch den öffentlichen Wohlstand und die
Erziehung der Kinder gefährdet. Auf der anderen Seite darf
indessen die staatliche Gesetzgebung auch die Bedürfnisse des
Lebens und die realen Verhältnisse sowie den Charakter der Ehe
als eines Rechtsverhältnisses nicht ausser Acht lassen; der Cha-
rakter der Ehe als eines Rechtsverhältnisses legt dem Staate die
Pflicht auf, den einen Ehegatten gegen den anderen zu schützen,