Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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Für das Einführungsgesetz wurde als Ergänzung der Uiwvil- 
prozessordnung die Aufnahme einer Vorschrift in Aussicht ge- 
nommen, wonach das Gericht auf Scheidung wegen Geistes- 
krankheit nicht erkennen dürfe, ohne über den Geisteszustand 
des Beklagten einen oder mehrere Sachverständige gehört zu 
haben. In der Reichstagskommission fand indessen diese, ge- 
wiss nicht zu weitgehende und von dem Vorwurf einer überaus 
ängstlichen Verklauselierung kaum freizusprechende Bestimmung 
keinen Beifall, mit sehr erheblicher Mehrheit wurde in der 
ersten und in der zweiten Lesung $ 1464 gestrichen, die Motive, 
von welchen sich die Mehrheit hierbei leiten liess, waren im 
wesentlichen dieselben, von welchen die Stellungnahme des 
ersten Entwurfs zu der Frage beherrscht wurde, man behandelte 
dieselbe unter dem Gesichtspunkte der grundsätzlichen An- 
schauung, dass der Staat ein hervorragendes Interesse daran 
habe, die Zahl der Ehescheidungen möglichst zu vermindern 
und diesem grossen allgemeinen Interesse das individuelle zum 
Opfer gebracht werden müsse, selbst wenn dies im Einzelfalle 
nur unter Tragung erheblicher Leiden möglich sei; in diesem 
Sinne hatte man schon vor der Befassung des Reichstags nıit 
der Beratung des Entwurfs die Frage aufgeworfen, ob denn 
der Staat nicht befugt sei, dem Einzelnen im Interesse der Be- 
festigung der sittlichen Ordnung Opfer aufzulegen, da er keinen 
Anstand nehme, ihm solche auch im Interesse der Erhaltung 
der Wehrkraft und der kulturellen Entwickelung aufzuzwingen? 
Die Antwort hierauf würde allerdings unzweifelhaft in bejahen- 
dem Sinne zu geben sein, sofern die Voraussetzung richtig wäre, 
dass die Befestigung der sittlichen Ordnung die künstliche Auf- 
rechthaltung der innerlich gebrochenen Ehen erheischt; allein 
dies lässt sich nicht zugeben, mit ungleich grösserer Berechtigung 
wird man jener auf Grund der gemachten Erfahrungen den Satz 
gegenüberstellen dürfen, dass die Auflösung einer Ehe, deren 
Grundlage in sittlich-geistiger Beziehung in unheilbarer Weise
	        
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