zerrüttet ist, zu der Befestigung der sittlichen Ordnung in
wesentlich erheblicherem Masse beiträgt; in Frankreich ist dies
seitens der entschiedensten Gegner der Elhescheidung, wenn auch
nicht unmittelbar, so doch mittelbar zugegeben worden, indem
sie die Kritik der sittlichen Zustände, die von den Freunden
der Scheidung als Folgen des Verbots dieser gegeben wurde,
ım wesentlichen als zutreffend anerkannten. Die praktische Be-
deutung der Frage darf, wie sich aus dem Gesagten bereits er-
gibt, nicht unterschätzt werden und die Zahl der wegen Geistes-
krankheit in dem Gebiete des preussischen Landrechts und des
sächsischen bürgerlichen Gesetzbuchs anhängig gemachten Ehe-
scheidungsklagen als Beweis gegen die Bedürfnisfrage zu ver-
werten erscheint durchaus unstatthaft, wie dies mittelbar auch
in der dem Reichstage gleichzeitig mit dem Entwurfe des Ge-
setzbuchs vorgelegten Denkschrift anerkannt wurde.
In der zweiten Plenarberatung des Reichstags wurde das
Verbot der Scheidung mit sehr geringer Mehrheit aufrecht er-
halten, in der dritten dagegen mit beträchtlicher Mehrheit be-
seitigt und damit die Frage endgültig in dem Sinne entschieden,
welcher nach den vorstehenden Ausführungen mit den Bedürf-
nissen des gesellschaftlichen Lebens im Einklang steht. In der
Verhandlung erklärte sich der Vertreter der preussischen Regie-
rung sowohl im Namen dieser wie auch der Mehrheit der
übrigen Bundesregierungen für die Aufnahme dieses Scheidungs-
grundes, und eine ähnliche Erklärung gaben die Vertreter der
badischen und sächsischen Regierungen ab, während sich der
Vertreter Bayerns gegen die Zulassung aussprach. Wie in An-
sehung dieser Frage das neue Gesetzbuch den Standpunkt und die
Konsequenzen der strengeren Auffassung zum Teile sanktioniert,
so hat es auch bezüglich der Stellung zu der Zulassung der
Trennung von Tisch und Bett die Ansprüche des Dogmatis-
mus teilweise erfüllt. Die dauernde Trennung von Tisch und
Bett ist durch $ 77 des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1875
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