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an ihrer Stelle für die fakultative Umwandelung; die Tren-
nung, welche drei Jahre seit Rechtskraft des Trennungsurteils
gedauert hat, kann durch das Gericht in die Scheidung um-
gewandelt werden, dies geschieht nicht auf Grund einer kontra-
diktorischen Verhandlung, sondern durch Entscheidung in der
Ratskammer, nachdem zuvor der Staatsanwalt als Vertreter des
öffentlichen Interesses seine Ansicht über den Antrag abgegeben
hat. Diese Lösung wurde mit Rücksicht auf die Bedenken der
französischen Katholiken gegen die Scheidung einer Ehe bei der
Beratung des Gesetzes in den parlamentarischen Körperschaften
mit grosser Mehrheit angenommen, im Senate war es insbeson-
dere der jüngst verstorbene Jurzs Sımox, welcher mit Aufgebot
seiner ganzen bedeutenden rhetorischen Begabung hierfür ein-
trat und die obligatorische Umwandlung als eine Art moralischer
Tortur bezeichnete, zu der sich ein die Gewissens- und Religions-
freiheit hochhaltender Staat unter keinen Umständen entschliessen
dürfe. Eine allgemeine Zufriedenheit besteht indessen mit dieser
Vorschrift in Frankreich mit nichten, eine in den letzten Jahren
immer stärker hervortretende Strömung sucht das geltende Recht
im Sinne des Art. 310 des Code civil umzugestalten und zugleich
überhaupt die Ehescheidung zu erleichtern. Aussicht auf Er-
folg scheint dieselbe indessen vorerst nicht zu haben, ebenso-
wenig freilich die vollständig entgegengesetzte, welche die Ab-
schaffung des Gesetzes von 1884 und damit die Wiedereinführung
des Verbots der Scheidung erstrebt, trotzdem die letztere von
Kreisen getragen wird, die weniger durch die Zahl ihrer An-
hänger als vielmehr durch gesellschaftlichen Einfluss hervor-
ragen.
Die lebhafte Kritik der Stellung des ersten Entwurfs blieb
auf die mit der Beratung des zweiten Entwurfs beauftragte
Kommission auch bezüglich dieses Punktes nicht ohne Einfluss;
auch hierbei trug sie dem staatlich-bürgerlichen Charakter des
Eherechts Rechnung und verhielt sich ablehnend gegen die