Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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Dort ist nämlich mit dem Notariat, insbesondere auf dem Lande, 
ein reger Bankverkehr verbunden, woraus sich allerlei Missstände 
ergeben haben, unter anderem wussten die Notare den gesamten 
Immobiliarverkehr in ihre Hände zu bringen und durch ihren 
Einfluss die Bildung landwirtschaftlicher Kreditanstalten in grös- 
serer Menge zu verhindern. In dieser Gestalt überkam die 
deutsche Justizverwaltung das Notariat in Elsass- Lothringen. 
* Die Gefahr, welche für das Publikum in dem notariellen Bankbetrieb 
liegt, wird noch dadurch erhöht, dass die französischen Notare eine rechts- 
wissenschaftliche Bildung in der Regel überhaupt nicht besitzen. Für das 
Amt eines Notars wird eine längere Thätigkeit als Notariatsschreiber für 
genügend erachtet. Art. 35, Ges. vom 25 ventöse XI. Die durch das Gesetz 
vom 28. April 1856 eingeführte Käuflichkeit der Schreibstuben (etudes) 
weist sie direkt darauf hin, möglichst viel Geld zu verdienen, und den Wert 
der Etude zu heben, um sie nach Aufgabe des Amtes teuer verkaufen zu 
können. Die Folge davon ist, dass die Notare sich mit Spekulationen und 
allerhand unsauberen Manipulationen befassen. Die verschiedenen Regie- 
rungen führten dagegen einen erfolglosen Kampf. Die Notare wussten teils 
die Gesetze zu umgehen, teils durch ihren Einfluss im öffentlichen Leben, 
den Massregeln der Behörden die Spitze abzubrechen. Es ergingen Verbote 
über Verbote gegen die Geldgeschäfte und das Spekulieren der Notare. 
So verbot z. B. Art. 12 der Ordonnanz von 4. Januar 1843 das Ausleihen 
von Geldern aus eigenen Mitteln. Die Notare wussten sich durch die Sub- 
stitution von Strohmännern zu helfen. Daher kommt es denn auch, dass 
man in französischen Notariatsakten so häufig Schreiber und zahlungs- 
unfähige Bauern als Darlehensgeber von oft sehr bedeutenden Summen findet. 
Um ferner zu verhüten, dass durch den Bankbetrieb der Preis der Etude in 
die Höhe getrieben werde, wurden durch eine Verfügung des Justizministers 
vom 19. Oktober 1876 die Generalprokuratoren angewiesen, wo sie einen 
bankmässigen Betrieb feststellten, eine Herabsetzung des Preises jener zu 
veranlassen. Da die kriminellen Verurteilungen und die Zahlungseinstel- 
lungen der Notare, welche, bezeichnend genug, bezüglich dieser von der 
französischen Jurisprudenz den Kaufleuten zugezählt werden, in erschrecken- 
dem Masse zunahmen, so tauchten in den Reihen der Notare selbst Reform- 
vorschläge auf, welche bis jetzt jedoch kein greifbares Resultat hatten. 
v. WeınricH a.a. 0. 8.13 f. Der Gruud dieser Erfolglosigkeit mag übrigens 
auch daran liegen, dass man aus politischen Gründen gegen diese „hoch- 
mögenden Herrn“ nicht gerne energisch vorgehen will. — Vgl. über die 
Spekulationen der französischen Notare auch Weisser in der deutschen 
Juristenzeitung II, 138.
	        
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