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Doch hat sich hier, dank der Umsicht und Energie der Behörden,
eine sehr entschiedene Wendung zum Besseren vollzogen
Haben auch die anderen deutschen Gebiete des fran-
zösischen Rechts das französische Notariat auch nicht mit einem
so umfangreichen Geschäftsbetrieb übernommen, weil im Jahre
1815 die wirtschaftlichen Verhältnisse überhaupt einfacher waren,
als heutzutage, und konnte sich das Notariat hier nicht zum
reinen Geldgeschäft entwickeln, wie in Frankreich, indem in
den deutschen Rheinlanden die Faktoren fehlen, welche diese
Richtung besonders begünstigen (Note 4), so werden doch wegen
ihres Zusammenhanges mit den Amtshandlungen der Notare
(s. oben) in der Rheinprovinz dieselben sehr häufig mit Er-
hebung der Kaufgelder der von ihnen versteigerten Mobilien
und Immobilien beauftragt und das Publikum bringt ihnen seine
Barschaft hin, um sie auf Hypotheken auszuleihen ® Aehnlich
sind die Verhältnisse ın der bayerischen Pfalz’. Aber auch
im übrigen Deutschland beschäftigen sich die Notare mit
allerlei Geldgeschäften, eine Thätigkeit, die sie mit den Rechts-
anwälten teilen®. In den Rheinlanden, wo derartige Geschäfte
von den Advokaten und Anwälten vor dem 1. Oktober 1879 per-
Die Abschaffung der Käuflichkeit, die Besetzung der vakant ge-
wordenen Stellen mit juristisch gebildeten Anwärtern und das Requisit einer
rechtswissenschaftlichen Vorbildung für das Amt des Notars haben wesentlich
hierzu beigetragen. Doch erschien dies nicht als genügend. Um jedes
Spekulieren mit fremden Geldern zu verhüten, wurde den Notaren verboten,
Geldbeträge von über 500 Mk. länger als sechs Monate bei sich aufzu-
bewahren und angeordnet, dass wenn nach Ablauf dieser Zeit das Geld von
den Parteien nicht abgeholt wird, dasselbe auf der Depositenkasse zu hinter-
legen. Verordnung vom 17. März 1886.
6 Seruinık: Kommentar über die französische Civilprozessordnung.
Koblenz 1856, Bd. I, S. 147 (2. Aufl.).
” v. Bomuarn, Die Civilrechtspflege der bayerischen Pfalz. München
1861, S. 51.
® Vgl. bezüglich Sachsens: BEScHORNER, Aus einer fünfzigjährigen An-
waltspraxis. Dresden 1885, S. 46. — Bezüglich Mecklenburgs: WEnneERT,
Deutsche Gerichtszeitung von 1862, Nr. 25.