— 411 —
Veränderungen brachte die Verordnung vom 2. Januar 1849,
welche die neue Justizorganisation enthielt und aus den Justiz-
kommissären: Rechtsanwälte machte. Nach $ 30 dieser Ver-
ordnung soll den Rechtsanwälten am Öbertribunal und den
Appellationsgerichten das Notariat in der Regel nicht verliehen
und in den Städten über 50000 Einwohner können besondere
Notare angestellt werden. Jedoch wurde jenes nur bezüglich
Obertribunalsanwälte ausgeführt und zu besonderen Notaren
wurden nur die damals im Dienst befindlichen Kammergerichts-
sekretäre ernannt, indem man ihnen das Recht der Beurkundung
verliehen hat!?, So blieben die Dinge bis zur Einführung der
Reichsjustizgesetze am 1. Oktober 1879. Die prinzipielle Ver-
einbarkeit von Bechtsanwaltschaft und Notariat wurde aufge-
hoben und durch deren Zulässigkeit ersetzt. Der Rechtsanwalt
verlor seinen Beamtencharakter, er wurde Angehöriger eines
freien Berufs. Der Notar blieb Beamter. Die vorhandenen
Rechtsanwälte, die gleichzeitig Notare waren, behielten diese
Stellung bei. Den neu zugelassenen Anwälten wird das No-
tarıat nach Gutdünken verliehen und zwar bildet diese Ver-
leihung ein Mittel zur Regulierung des Wohnsitzes
der Anwälte. Um nämlich Rechtanwälte nach kleinen Orten
zu bekommen bezw. dort festzuhalten, wird den an solchen wohn-
haften Anwälten das Notariat schon nach wenigen Jahren ver-
liehen '?”. Ferner müssen die zu Notaren ernannten nur beim
Amtsgericht zugelassenen Rechtsanwälte einen Revers unter-
schreiben, dass, wenn ihre Zulassung gleichzeitig beim über-
geordneten Landgericht erfolgen sollte, sie das Notariat nieder-
legen !*. In den grösseren Orten erfolgt die Verleihung des
Notariats nur an ältere Rechtsanwälte. Es gibt also ın Preussen
12 WEISLER a. a. O. S. 158.
13 Immediatbericht des Justizministers über die Justizverwaltung und
Rechtspflege in Preussen 1882—1887. Juristische Wochenschrift 1888, 8.7.
14 WEISLER a. a. O. 9. 48.