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tariat ein Gegengewicht gegen die freie Advokatur bilden. Auf
dem Lande möge man ausnahmsweise in Bedürfnisfällen eine
Verbindung des Notariats mit der Anwaltschaft an den unteren
Gerichten zulassen. Auf Bonumanns Antrag hat dann der
IX. Juristentag (1871) wegen der Verschiedenheit der beider-
seitigen Berufsthätigkeiten die Trennung beschlossen3?. In
gleichem Sinne äusserte sich der Anwaltstag in Köln’!
(1876).
Durch die Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878 wurde
die Frage bekanntlich nicht; gelöst. Sie ist nach wie vor eine
offene. In einem, Dezember 1885, in der juristischen Gesell-
schaft zu Berlin gehaltenen Vortrag sprach sich der Ende vorigen
Jahres in so scheusslicher Weise hingemordete Justizrat Levy
prinzipiell und nicht nur aus ÖOpportunitätsgründen für die Ver-
einigung beider Berufe aus, Levy bezog sich dabei unter an-
derem auf die Gewöhnung des Publikums nur eine Person als
Berater in seinen Rechtsangelegenheiten zu besitzen und darauf,
dass an kleinen Orten Rechtsanwälte ohne das Notariat und No-
tare ohne die Rechtsanwaltschaft nicht bestehen könnten ?°. Aehn-
lich äusserte sich auch Sc#uLtzeustein, welcher noch hervorhob,
dass die Trennung nur von Fachleuten, nicht aber vom Publi-
kum gefordert werde, in dessen Interesse die Verbindung beider
Stellungen liegen würde?®. Nachdem die Sache wieder einige
Zeit geruht, kam sie durch den Plan der preussischen Re-
gierung, auch in der Rheinprovinz das Notariat mit der Rechts-
8 Verhandlungen Bd. III, S. 125 u. 360.
34 SıesETH, Die Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878. Pirna und
Leipzig (ohne Jahreszahl) S. 5.
85 (Jeber die einheitliche Regelung des deutschen Notariats im Deutschen
Reiche in der deutschen Notariatszeitung 1887, S. 72. Gründe sind in
diesem Auszug nicht angegeben, dass Herr Justizrat Levy sich auf die im
Texte angegebenen Gründe berief, weiss ich aus einer brieflichen Mitteilung
desselben,
3° Zeitschrift für deutschen Civilprocess, Bd. XVII, 202.