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weil aus ihr die Unzuträglichkeiten, zu denen die Ausübung
beider Berufe etwa führen könne, am deutlichsten zu ersehen
sind. Da, wie bereits bemerkt wurde (S. 406), der notarielle Beruf
in der Beurkundung und in der Vermögensregulierung besteht,
so müssen Konflikte, welche sich aus diesen beiden Thätig-
keiten mit der eigentlichen Rechtsanwaltsthätigkeit (Konsultation
und Prozessführung) und der Stellung des Anwalts im öffentlichen
Leben (Gegengewicht gegen die Macht des Beamtentums) vielleicht
ergeben, in den Kreis unserer Betrachtung gezogen werden. Es
sind mir jedoch nur die Entscheidungen des Ehrengerichtshofs
für deutsche Rechtsanwälte *? und des Reichsgerichts zur Ver-
fügung gestanden. Entscheidungen von Disziplinarbehörden, bezw.
Gerichten für Notare sind mir nicht zugänglich gewesen, welche
gleichfalls eine reiche Ausbeute für unsere Frage enthalten
dürften. Von den Entscheidungen des Ehrengerichtshofs und
des Reichsgerichts sollen hier nur die folgenden als die bedeut-
samsten angezogen werden. Davon sind Nr. 1—9 Entscheidungen
des E.G.H.’s und Nr. 10 ist ein Urteil des R.G.s.
1. In Ba. I, S. 209 ist ein Fall angegeben, dass ein Rechts-
anwalt (R.A.) und Notar (N.) den Bedingungen der von ihm
als N. vorgenommenen Versteigerung und der ihm bekannten
Bestimmungen des Zahlenden zuwider gewisse Zuschlagsprozente
der Steiggelder, welche auf Vertrags- und Stempelkosten zu
verwenden waren, zur Tilgung einer ihm aus Anwaltsgeschäften
gegen den Schuldner zustehenden Forderung benutzte. Eine
solche Unregelmässigkeit wäre nicht möglich gewesen, wenn der
N. nicht auch noch gleichzeitig die R.A. ausgeübt hätte.
2. Nach Bd. III, S. 92 hatte ein R.A. und N. in letzt-
erwähnter Eigenschaft durch seinen Bureauvorsteher in unnötiger
4° Herausgegeben vom Schriftführeramt des deutschen Anwaltsevereins.
7 Bünde. Berlin 1884-1896.