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tretung hinzielt, hat ein Recht darauf, dass er vor unwürdiger
Konkurrenz geschützt werde, die obendrein noch das Publikum
schädigt. Ganz werden sich die Winkelkonsulenten nicht ver-
drängen lassen. Wo es an Anwälten fehlt, haben sie auch eine
Existenzberechtigung. Die Winkelkonsulenten werden übrigens
keineswegs brotlos, wenn man ihnen auch die gerichtliche Partei-
vertretung entzieht. Es bleiben noch eine Menge zum Teil recht
einträglicher Geschäfte, übrig, die nicht von Anwälten und auch
nicht immer von Notaren besorgt werden können, wie Konkurs-
verwaltungen, Liquidationen, Makler- und Kommissionsgeschäfte,
Informationseinziehungen u. dgl. m.
Ein drittes, ebenfalls dem Publikum zu gute kommendes,
Kompensationsobjekt bezöge sich auf die älteren Anwälte. Das-
selbe besteht in der strikten Durchführung des Lokali-
sationsprinzips, wie ich dies Archiv XI, 30 des Näheren aus-
einandergesetzt habe. Vermöge desselben würden die jüngeren
Anwälte auf das Amtsgericht beschränkt und damit die grösseren
Sachen erfahrenen Händen vorbehalten.
Fassen wir das Gesagte kurz zusammen, so werden wohl
die ergiebigen Verwaltungsgeschäfte den Anwälten entzogen,
dafür bekämen sie aber eine Erweiterung ihres Arbeitsfeldes
auf dem Gebiete der Verteidigung und des Civilprozesses und
die älteren Anwälte eine erhöhte Sicherung ihrer Existenz. Der
Hauptgewinn für die Anwaltschaft wäre aber ein moralischer.
Durch Entziehung der Nebengeschäfte würde das Ansehen der
Rechtsanwaltschaft erhöht und ihre Stellung gegenüber der Staats-
anwaltschaft gekräftigt, sowie der der Rechtspflege nachteilige
Einfluss der letzteren zurückgedrängt, wenn nicht völlig beseitigt.
Die Erhöhung des Ansehens der deutschen Rechtsanwaltschaft
würde der ausländischen, namentlich der französischen
und englischen Advokatur gegenüber von grösster Bedeutung
sein. Der deutsche Rechtsanwalt steht, was wissenschaftliche
Bildung anlangt, weit über dem französischen avocat und dem