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Rechts liegt darin, dass es Bezug nimmt auf gesellschaftliche
Machtorgane. Der Bürger muss das staatliche Recht anerkennen,
weil es die Autorität der Behörden für sich hat, weil diese es an-
wenden und man sich hineinfügen muss. Das Verhalten der Be-
hörden, das mittelbar (bei Verletzungen) erfordert ist, besteht
in der Regel in einer Zwangshandlung, einer Execution gegenüber
dem Bürger. Man kann dabei aber nicht vom Zwange als einer
Eigenschaft des Rechts sprechen, der Zwang ist etwas für sich,
er gehört nicht dem Rechte selbst an. Die zwangsweisen behörd-
lichen Handlungen, welche das Recht vorsieht, sind nicht Er-
zwingung von Rechtsregeln, sondern bilden ein Verhalten gemäss
dem Recht. Nicht das Recht wird erzwungen, sondern nur etwas,
das das Recht will. Das Recht sieht nicht seine Erzwing-
barkeit, sondern zwangsweise Handlungen vor, allerdings regel-
mässig im Hinblick auf eine voraufgegangene Rechtsverletzung.
Die Positivität des Rechts liegt in der Verbindlichkeit der Be-
hörden, es auszuüben und anzuwenden, in der Function der Staats-
maschinerie,
Das Recht, welches sich an die Behörden einzig wendet,
bloss deren Verhalten zum Gegenstande hat, wird im geordneten
Staatswesen zugleich mit der entsprechenden Verbindlichkeit zur
Ausübung, auch wirklich ausgeübt. Das Recht aber, welches
sich in erster Linie mit dem Verhalten des einzelnen Bürgers be-
fasst, so das Privat- und Strafrecht, kommt erst zur Anwendung
der Behörde, wenn die Rechtsverletzung durch den Bürger be-
gangen wurde und geklagt wird. Das Privatrecht wird herge-
brachtermassen in eine Form gefasst, die sich mehr an den ein-
zelnen Bürger wendet, mehr das Verhalten der Einzelnen als das-
jenige der Behörden in den Vordergrund stellt, während die
moderne Fassung des Strafrechts das Verhalten des Richters
zunächst in Betracht zieht. Man hat schon behauptet, das
moderne Strafrecht gebe überhaupt nur Verhaltungsmassregeln für
den Richter. Es ist dies nicht richtig; sowohl das Privatrecht