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Die realistische Betrachtungsweise muss sich sagen: was als Ver-
waltungsrechtspflege zu behandeln sei und folglich Verwaltungsrechtspflege
ist, bestimmt das Gesetz; hier sind Rechtsprechungssachen, die es nicht
zu Verwaltungsrechtspflegesachen bestimmt hat, also ist der zum Aus-
gangspunkt genommene Begriff der Verwaltungsrechtspflege, der diese an
die Rechtsprechung bindet, dem geltenden Rechte gegenüber nicht richtig;
also muss das wesentliche Merkmal der Verwaltungsrechtspflege in etwas
anderem gesucht werden.
Von einem entgegengesetzten Standpunkte aus wird man unbeirrt
daran festhalten, dass das Wesen der Verwaltungsrechtspflege auf der
Rechtsprechung in der Verwaltung zu beruhen hat; wenn also das Gesetz
diese nur teilweise in die Verwaltungsrechtspflege verweist, so bleibt das,
was es aussen gelassen hat, dennoch Verwaltungsrechtspflege; wir haben
also fortan zweierlei Verwaltungsrechtspflege in Baiern: eine durch das
Gesetz von 1878 geordnete und eine wilde, durch den aufgestellten
Begriff allein umschriebene.
Das Letztere scheint uns der Standpunkt des Verfassers zu sein, auf
welchem er ja auch keineswegs allein steht. Wenn es sich dabei hloss
um den Ehrennamen Verwaltungsrechtspflege handelte, so würden wir
weiter kein Wort darüber verlieren. Allein hier werden praktische Folge-
rungen daraus gezogen. Man will die vom Gesetze nicht zur Verwaltungs-
rechtspflege bestimmte Rechtsprechung in der Verwaltung, weil man sie
einmal begrifflich doch als Rechtspflege betrachtet: auch mit Wirkungen
und rechtlichen Besonderheiten ausgestattet sehen, die der Verwaltungs-
rechtspflege als solcher zukommen. Dahin zählt man ganz richtig die
Rechtskraft des Spruchs, die Rechtsstellung der Parteien, die Beschränkung
oberaufsichtsrechtlicher Eingriffe. Diese Dinge will deshalb SıypeL überall
gelten lassen, wo es sich handelt „um eine Entscheidung über das Recht“,
auch für die „ausgedehnten Gebiete der öffentlichen Rechtspflege, die dem
Verwaltungswege überwiesen sind* (Band I S. 563, 564), „auch wo die Ver-
waltungsbehörden als solche, und ohne dass ihnen in dieser Beziehung eine
richterliche Stellung eingeräumt wäre, über öffentliche Rechtssachen Ent-
scheidung treffen“ (8. 629).
Dem können wir uns nicht anschliessen. Die Rechtskraftfähigkeit
des obrigkeitlichen Ausspruches, um nur hiervon zu reden, ist eine ganz
besondere Eigenschaft, die nur den Urteilen der bürgerlichen Gerichte von
Haus aus zukommt, in die Verwaltung aber erst von dorther übertragen
wird. Für die alten administrativ-kontentiösen Sachen machte sich das von
selbst, da sie eben als „Privatrechtssachen* angesehen waren, die nur aus
gewissen Zweckmässigkeitsgründen in die Verwaltungszuständigkeit geraten
sind. Wenn man sonst noch von rechtskräftigen Beschlüssen der Ver-
waltungsbehörden sprach, so meinte man nicht die eigentliche Rechtskraft,
sondern nur die Vollziehbarkeit oder die Unanfechtbarkeit; das wird ja