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Hinweis empfohlen, dass sie entweder gar nicht mehr oder wenigstens nicht
mehr unverändert in Kraft stehen.
Im allgemeinen wird die zweckmässige Auswahl des Verfassers ihre
Bestimmung namentlich für den Unterricht erfüllen. Möge sie ebenso schnell
Verbreitung finden und sich Freunde erwerben, wie die Sammlung von Ur-
kunden zur Verfassungsgeschichte Deutschlands.
Berlin. Conrad Bornhak.
Fr. v. Liszt. Die Strafgesetzgebung der Gegenwart in rechtsvergleichender
Darstellung. Herausgegeben von der Internationalen kriminalistischen
Vereinigung. I. Bd. Das Strafrecht der Staaten Europas. Berlin, Otto
Liebmann 1894. SS. XXVII und 743. 8°. Preis 35 M. Für Sub-
skribenten auf das ganze Werk 30 M.
Die Formel von der Rechtsgütergemeinschaft der Kulturstaaten gibt
den Ausgangspunkt für alle wissenschaftliche Forschung in der Sphäre des
Juristischen, die in unserer Zeit der Gestaltung des Rechtslebens in allen
seinen Formen im Einheitsstaat, in der Staatenkombination bis aufwärts
zum Gebilde der Staatengenossenschaft nachgeht. Schon in den vierziger
Jahren hat A. W. HErFTER von einer gegenseitigen Dikäodosie, einem commer-
eium iuris praebendi repetendique der Staaten und Völker gesprochen, deren
Grundlagen klarzulegen, erst kommenden Generationen zur mühevollen Auf-
gabe geworden ist. Das vorliegende, nach Inhalt und Umfang gleich gross
angelegte Werk geht diesem Ziel planmässig nach: die Internationale
kriminalistische Vereinigung hat mit ihm den vornehmsten Teil ihres
umfassenden wissenschaftlichen und gesetzespolitischen Programmes der
Verwirklichung nähergerückt. Treten wir bei den kuappen Verhältnissen
des uns für die litterarische Kritik zu Gebote stehenden Raumes erst relativ
spät hier an das Werk heran, so können wir ihm dafür den kleinen Dienst,
leisten, es gegen solche ältere kritische Forderungen in Schutz zu nehmen,
die uns nach Zweck und Natur des Werkes wenig begründet erscheinen.
Dazu zählen wir in erster Linie den wiederholt hervorgetretenen Wunsch,
dass die Sammlung auch den Wortlaut der einzelnen Gesetze hätte bringen
müssen, da ohne solchen eine eingehende wissenschaftliche Forschung nicht
erfolgreich auszuführen sei. Von der Widerlegung dieses Postulates aus
gewinnen wir gerade die prinzipielle höhere Stellung, die uns einen Ueber-
blick über das Werk, über seinen Zusammenhang mit der grossen juristischen
Gesamtarbeit unserer Zeit möglich macht. Gerade die vorteilhafte Be-
schränkung im Stofflichen machte es der „Strafgesetzgebung der (Gegen-
wart in rechtsvergleichender Darstellung“ möglich, sich ihr selbständiges
Arbeitsfeld abzustecken, an Gegebenes anzuknüpfen und es zu höherer
Nutzungskraft zu bringen. Sie bat im Grunde genommen dadurch die
andere grosse fachliche Organisation überholt, die ihr zweifellos zum
Vorbild gedient hat: die Pariser Societe de Legislation compare&e.