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das Volk blieb, bildete die Familiengewalt einen Bestandtheil der
Souveränitätsrechte.e. Wenn dies auch im modernen konstitutio-
nellen Staate nur im ganz beschränkten Maasse gelten kann, so
wird man dennoch dem Gemahl der regierenden Fürstin schon
mit Rücksicht auf den Eingriff in die Rechte ihrer Familienange-
hörigen die Familiengewalt nur über die aus der gemeinsamen
Ehe entsprossenen Familien-Mitglieder zugestehen dürfen.
Die güterrechtlichen Fragen erweisen ganz besonders die
Nothwendigkeit einer Scheidung von staats- und privatrecht-
lichen Titeln.
Die patrimoniale Auffassung des Mittelalters, welcher der
Begriff der Staatspersönlichkeit und damit auch des Staatsgutes
fremd war, betrachtete den Landesherrn wie einen Grundherrn,
der aus seinem eigenen Beutel die Verwaltungskosten des Lan-
des’° zu bestreiten hatte.
Mit dem Verlust oder der Unzulänglichkeit der Stammgüter
tritt die Heranziehung der Stände mehr und mehr hinzu, und es
entwickelte sich eine eigenthümliche Duplizität des Finanzwesens,
Es gab einen landesherrlichen Kammerfiskus, in welchen die
Einnahmen des Kammergutes flossen, und einen landschaftlichen
Fiskus, welcher auf den Steuerbeträgen beruhte und an dessen
Verwaltung die Stände einen wesentlichen Antheil hatten. Mit
der äusseren Wandlung der patrimonialen Landeshoheit in den
modernen Staat musste dieser unzuträgliche Zustand schwinden,
und so hat sich im Laufe der Zeit das Verhältniss des Hofhalts zum
Staatshaushalt umgekehrt; „während im Mittelalter die Staats-
ausgaben aus dem Einkommen des Fürsten bestritten wurde, trägt
jetzt der Staat auch die Ausgaben für den fürstlichen Hofhalt“ ”!,
7° So EıcHHoRn, Deutsche Staats- und Rechts-Geschichte II, p. 307/8
„mit einem grossen Theil der aus den Domänen fliessenden Einkünfte und
mit ihnen verbundenen Gefälle werden die Kosten der Regierung und Hof-
haltung bestritten.“
71 ScHönBERG, Handb. der polit. Oekonomie, III, 46.