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Der Diktatur-Paragraph in Elsass-Lothringen.
Von
WERNER ROSENBERG, Staatsanwalt in Metz.
—
I.
8 10 des elsass-lothringischen Gesetzes betreffend die Ein-
richtung der Verwaltung vom 30. Dez. 1871 — der sogenannte
„Diktaturparagraph“ — bestimmt:
„Bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist der Oberpräsi-
dent ermächtigt, alle Massregeln ungesäumt zu treffen, welche er
zur Abwendung der Gefahr für erforderlich erachtet. Er ist ins-
besondere befugt, innerhalb des der Gefahr ausgesetzten Bezirkes
diejenigen Gewalten auszuüben, welche der $ 9 des Gesetzes vom
9. Aug. 1849 (Bulletin des lois N. 1511) der Militärbehörde für
den Fall des Belagerungszustandes zuweist. Von den erlassenenVer-
fügungen ist dem Reichskanzler ohne Verzug Anzeige zu machen.
Zu polizeilichen Zwecken, insbesondere auch zur Ausführung
der vorbezeichneten Massnahmen ist der Oberpräsident berechtigt,
die in Elsass-Lothringen stehenden Truppen zu requiriren.“
Der in vorstehender Gesetzesbestimmung citirte Art. 9
des französischen Gesetzes über den Belagerungszustand (Loi sur
l’s6tat de siege) vom 9. Aug. 1849 hat folgenden Wortlaut:
„Lautorite militaire a le droit:
1. de faire des perquisitions de jour et de nuit dans le do-
micile des citoyens.