Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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tes Diktakturrecht, zuerkannt wird. Denn es heisst: bei einer 
Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist er befugt, alle diejenigen 
Massregeln zu ergreifen, die er für nothwendig hält, und das 
Ermessen, ob Gefahr sei, und welche Massregeln zu ergreifen 
seien, das steht bei ihm allein. Er ist desshalb nicht blos ein 
Allgewaltiger, sondern wenn er seine Diktatur mit Klugheit 
und mit Güte immer verwalten soll, muss er auch ein All- 
weiser und Allgütiger sein. Der Präsident kann Haus- 
suchungen, Unterdrückung der Vereine, Unterdrückung der Blät- 
ter, ich möchte fast sagen, Attentate gegen die persönliche Frei- 
heit sich erlauben. Er kann Kerker und Verbannung, ja 
Todesstrafe verhängen — es steht ja hinterdrein in 8 10 
gleich, dass er befugt sei, Truppen zu requiriren um das, was er 
beschlossen hat, mit Waffengewalt durchzusetzen. ... Ich wieder- 
hole mein Wort: in ganz Europa kenne ich keinen Potentaten, 
der mit so grosser Gewalt über die Freiheit und über alle 
geistigen und materiellen Interessen seiner Untergeordneten aus- 
gerüstet ist“ !?, 
Der Abgeordnete WINDTHORST, der in den Reichstagssitzungen 
vom 16. und 17. Mai 1873 energisch für die Ansicht eingetreten 
war, dass der Oberpräsident auf Grund des Diktaturparagraphen 
nur gesetzmässige, nicht auch gesetzwidrige Massregeln vornehmen 
dürfe, hat in der Reichstagssitzung vom 3. März 1874 seine 
Haltung plötzlich geändert und sich die Auslegung des Abge- 
geordneten GUERBER angeeignet: 
„Der erste Theil (des Diktaturparagraphen) sagt klar und 
bestimmt, dass bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit der Ober- 
präsident alle Massregeln ergreifen kann, welche er für nöthig 
erachtet. Ob eine Gefahr vorhanden ist, hat er allein zu be- 
stimmen; welche Massregeln er für erforderlich erachtet, hängt 
allein von seinem Ermessen ab. Es ist keinerlei Unterschied 
19 Reichstagsverhandlungen vom 3. März 1874 (Sten. Ber. S. 195 ff.).
	        
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