Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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„actes de gouvernement“ im Sinne des französischen Staats- 
rechts aufzufassen: „Nach dem französischen ungeschriebenen 
Staatsrecht, wie solches in Elsass Lothringen weiter Geltung hat, 
ist Rechtens, dass die Regierung befugt ist, Massregeln der so- 
genannten hohen Polizei — mesures de haute police — zu er- 
greifen, ohne irgend welche Rechenschaft abzulegen, sei es vor 
dem Staatsrath oder den Gerichten. Das ist eine durch unendlich 
viele Entscheidungen des französischen Staatsraths feststehende 
Regel. Man unterscheidet mit der grössten Bestimmtheit — und das 
gilt alles für uns in Elsass-Lothringen auch — die actes de gou- 
vernement, die Regierungshandlungen, von den Verwaltungshand- 
lungen, actes d’administration. Alle Verwaltungsakte unterliegen 
der Anfechtung, allein Regierungsmassregeln als Massregeln der 
hohen Polizei unterliegen ihr nicht, und es ist zweifellos, dass 
insbesondere Massregeln der Regierung, welche die Sicherheit 
des Staats im Auge haben, unanfechtbar sind und jeder Zeit 
getroffen werden können. 
Was thut nun also $ 10 des Gesetzes von 1871? 810 ko- 
difizirt dieses bereits vorhandene, aber ungeschriebene Recht; er 
kodifizirt mit einigen Modifikationen, aber er fügt Beschränkungen 
hinzu, indem er die Ausübung des Rechts ausschliesslich und 
allein in die Hand des Oberpräsidenten legt“ ®°. 
Die Lehre von der schrankenlosen Gewalt des Oberpräsi- 
denten hat ferner auch in der Litteratur ihre Vertreter gefunden: 
OTTO MAYER hat in seiner „Theorie des französischen Ver- 
waltungsrechts“ Folgendes ausgeführt: „Nach der durch die 
Praxis festgestellten Auslegung ist der Oberpräsident förmlich 
befugt, frei von aller Rücksicht auf verfassungsmässige 
Vorbehalte des Gesetzes, wie auch auf bestehende 
Reichs- und Landesgesetze mit den Massregeln vorzugehen, 
die er für erforderlich erachtet. Ausweisung der eigenen Landes- 
25 Reichstagsverhandlungen vom 80. Jan. 1895 (Sten. Ber. 8. 602).
	        
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