Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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losen Gewalt des Statthalters, welches zu allen unseren modernen 
Rechtsbegriffen, zu der ganzen Lehre vom Rechtsstaat, zu den 
Theorien über Gesetz und Verordnung, über die formelle Rechts- 
kraft der Reichsgesetze und über die bindende Kraft der Gesetze 
überhaupt im schärfsten Gegensatze steht, so wenig nachhaltigen 
Widerspruch gefunden hat, dass sogar zwei namhafte Schrift- 
steller auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts — OTTO MAYER 
und LEonı — für dieses Dogma eingetreten sind. In der fol- 
genden Abhandlung soll der Nachweis versucht werden, dass der 
Diktaturparagraph dem Statthalter kein schrankenloses Recht 
gewährt, dass für die Rechte des Statthalters dieselben Schranken 
bestehen, wie für die Rechte aller übrigen Behörden, nämlich 
die Vorschriften der geltenden Reichs- und Landes-Gesetze. 
II. 
Um sich von der Unrichtigkeit der herrschenden Theorie zu 
überzeugen, braucht man sich nur die Konsequenzen derselben 
klar zu machen. Bei „Gefahr für die öffentliche Sicher- 
heit“ soll der Statthalter die Befugniss haben, alle Massregeln 
zu treffen, welche er zur Abwendung der Gefahr für erforderlich 
erachtet. Gefahr für die öffentliche Sicherheit kann von zwei 
Seiten her drohen: von Aussen und von Innen. Zur Abwendung 
der von Aussen drohenden Gefahren sind verschiedene Mass- 
regeln denkbar: Schutz- und Trutz-Bündnisse, Garantie- und Neu- 
tralitäts-Verträge mit auswärtigen Mächten, Verstärkung der 
eigenen Wehrkraft und der eigenen Finanzkraft, Anlage von Be- 
festigungen, Verbesserung der Verkehrswege, Vermehrung der 
Transportmittel, Besetzung der wichtigsten Stellen in Heer, Diplo- 
matie und Verwaltung mit fähigen und energischen Männern u.s.w. 
Niemand nun wird im Ernst behaupten wollen, der Statt- 
halter könne bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit auf eigene 
Faust auswärtige Politik treiben, Bündnisse mit Oesterreich und 
Italien schliessen, Neutralitätsverträge mit Russland vereinbaren,
	        
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