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Kontingents ist ein Privilegium des Königs von Preussen (Art. 66
der Reichsverfassung). Zum Erlass von Ausnahmegesetzen, zur
Einsetzung von Ausnahmegerichten, zur Androhung von Aus-
nahmestrafen und zur Einführung eines Ausnahme -Verfahrens
sind zweifellos nur die gesetzgebenden Faktoren des Reichs be-
fugt, da diese Massregeln ohne tiefgreifende Aenderungen be-
stehender Reichsgesetze, insbesondere des Gerichtsverfassungs-
gesetzes, des Strafgesetzbuchs und der Strafprozessordnung nicht
denkbar sind. Die Internirung politisch verdächtiger Personen
auf Grund einfacher Verwaltungsverfügung ist ebenfalls ohne
Aenderung der bestehenden Reichs- und Liandes-Gesetze nicht
möglich ($ 2 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs, & 16 des Gerichts-
verfassungsgesetzes, 8 1 Abs. 2 des Freizügigkeitsgesetzes). Nach
der bestehenden Rechtsordnung ist diese Internirung nur zu-
lässig, wenn der Kaiser auf Grund des Art. 68 der Reichsver-
fassung den Kriegszustand erklärt und hierbei ausdrücklich die
Suspension der in $& 5 des preussischen Gesetzes vom 4. Juni 1851
erwähnten Rechte verkündet hat?”. Endlich beruht die Zusammen-
setzung des Landes-Ausschusses, die Kompetenz desselben, sowie
die Vorschrift über die Oeffentlichkeit seiner Verhandlungen eben-
falls auf Reichsgesetzen ?®; eine Aenderung dieser Bestimmungen
ist also nur durch Reichsgesetz möglich.
3” Preussisches Gesetz über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851
S. 5: „Wird bei Erklärung des Belagerungszustandes für erforderlich er-
achtet, die Artt. 5, 6, 7, 27, 28, 29, 30 und 36 der Verfassungsurkunde oder
einzelne derselben zeit- und distriktsweise ausser Kraft zu setzen, so müssen
die Bestimmungen darüber ausdrücklich in die Bekanntmachung über die
Erklärung des Belagerungszustandes aufgenommen oder in einer besonderen,
unter der nämlichen Form bekannt zu machenden Verordnung verkündet
werden.“ Vgl. hierzu LasBanp: „Deutsches Staatsrecht“ (zweite Auflage),
Ba. 11, S. 541.
38 Reichsgesetz vom 4. Juli 1879 betr. die Verfassung und Verwaltung
von Eisass-Lothringen, 88 12—17, 21; Reichsgesetz vom 23. Mai 1881 betr.
die Oeffentlichkeit der Verhandlungen und die Geschäftssprache des Landes-
Ausschusses.
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