Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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französische Gesetzgebung kennt keinen Oberpräsidenten. Die 
Ausnahmsmassregel, die Handhabung des Belagerungszustandes 
liegt in Frankreich in der Befugniss des Ministers des Innern und 
bezw. der Präfekten. Nachdem nun das Oberpräsidium etablirt 
war, regelt diese Vorschrift zunächst die Kompetenz zwischen 
dem Oberpräsidenten einerseits und dem Reichskanzler als Minister 
und den Präfekten andererseits. Sie sagt ganz einfach: die Sorge 
für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit, 
die nach der bisher geltenden (zesetzgebung dem Minister und 
Präfekten obliegt, ist übertragen auf den Oberpräsidenten. Das 
ist der erste Theil der Vorschrift — sehr unverfänglicher 
Natur. Wenn weiter das (sesetz dahin geht, zu bestimmen, 
dass der Oberpräsident befugt sein soll, zu thun, was er zur Ab- 
wendung der Gefahr für erforderlich erachtet, insbesondere befugt 
sein soll, die Gewalten auszuüben, welche im Fall des Belage- 
rungszustandes die Militärbehörden haben, so ist nach meiner 
Auffassung sehr klar damit ausgesprochen, dass dieser weitere 
Theil des $ 10 die Befugnisse des Oberpräsidenten begrenzt und 
dass desshalb, wenn die im ersten Satze stehende Generalklausel 
anordnet: derselbe darf alle Massregeln treffen, die er für noth- 
wendig erachtet, hiermit nur gesagt sein kann: insoweit diese 
Massregeln innerhalb des Rahmens der Gesetze zulässig 
sind. Ich glaube, der Oberpräsident von Eilsass-Lothringen 
würde, wenn er auf Grund des $ 10 mit dem Strafgesetze in 
Konflikt treten wollte, die Erfahrung machen, dass ihn dieser 
Paragraph keineswegs über das gemeine Recht erhebt, 
dass er vielmehr den allgemeinen Reichs- und Landes- 
gesetzen unterliegt, wie jeder Andere“*!, 
41 Reichstagsverhandlungen vom 38. März 1874 (Sten. Ber. S. 207). — 
In der Reichstagssitzung vom 30. Jan. 1895 hat der Staatssekretär v. PUuTT- 
KAMER diese Ansicht wieder aufgegeben und die Theorie der actes de gou- 
vernement vertheidigt.
	        
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