Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

— 581 — 
gesetzes bei Gefahr im Verzuge jedem Beamten von seinen Vor- 
gesetzten die Ausübung der Amtsverrichtungen vorläufig unter- 
sagt werden kann. 
Zu den Verwaltungsbefugnissen des Kaisers in elsass-loth- 
ringischen Landesangelegenheiten gehört ferner die Befugniss, 
Verwaltungsverordnungen zu erlassen. Auch in diesem Falle ist 
die Ausdehnung der Kompetenz des Statthalters bedeutungslos, 
da der Statthalter bereits als Rechtsnachfolger des Reichskanzlers 
und Minister für Elsass-Lothringen Verwaltungsverordnungen er- 
lassen kann. Rechtsverordnungen mit Gesetzeskraft kann der 
Statthalter selbst bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht 
erlassen. Die Befugniss zum Erlass von Rechtsverordnungen ist 
durch die Reichsgesetze vom 25. Juni 1873 (8 8), 4. Juli 1879 
(8 21 Abs. 2) und 7. Juli 1887 in erschöpfender Weise geregelt. 
Auch enthält die Befugniss, Rechtsverordnungen zu erlassen, eine 
Delegation des Rechts der Gesetzgebung, während der Diktatur- 
paragraph sich überhaupt nicht auf die Gesetzgebung, sondern 
lediglich auf die innere Verwaltung bezieht. 
Zu den Verwaltungsbefugnissen des Kaisers in elsass-loth- 
ringischen Landesangelegenheiten gehörte weiter die Befugniss, in 
Fällen dringender Gefahr für die innere und äussere Sicherheit 
auf Grund des französischen Gesetzes vom 9. Aug. 1849 den 
Belagerungszustand zu erklären. Ob das Gesetz vom 9. Aug. 1849 
durch Art. 68 der Reichsverfassung aufgehoben ist, ist bekannt- 
lich bestritten®®. Sollte das fragliche Gesetz noch gültig sein, so 
würde allerdings der Statthalter auf Grund des Diktaturpara- 
graphen die Befugniss haben, an Stelle des Kaisers den Belagerungs- 
zustand zu erklären. Die Frage ist indessen ohne jede praktische 
5° LaBanD: „Deutsches Staatsrecht“ (dritte Auflage), Bd. II S. 522. — 
Der Entwurf des Reichsgesetzes über den Belagerungszustand in Elsass-Loth- 
ringen vom 20. Febr. 1892 bestimmt in $ 18: „Das Gesetz vom 9. August 
1849 wird aufgehoben.“ Aus dieser Vorschrift, sowie aus der Begründung 
des fraglichen Gesetzentwurfs geht hervor, dass die Verfasser desselben das 
Gesetz vom 9. August 1849 für gültig angesehen haben.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.