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nicht blos aus dem Wortlaut und Zweck des französischen Ge-
setzes, sondern auch aus verschiedenen deutschen Gesetzen.
& 1 des Gesetzes über die Freizügigkeit vom 1. Nov. 1867
bestimmt: „Jeder Bundesangehörige hat das Recht, innerhalb des
Bundesgebietes
1. an jedem Orte sich aufzuhalten oder sich niederzulassen,
wo er eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen sich zu ver-
schaffen im Stande ist
In der Ausübung dieser Befugnisse darf der Bundes-
angehörige, soweit nicht das gegenwärtige Gesetz Aus-
nahmen zulässt, weder durch die Obrigkeit seiner Hei-
math, noch durch die Obrigkeit des Ortes, in welchem
er sich aufhalten oder niederlassen will, gehindert oder
durch lästige Bedingungen beschränkt werden. 8 12
desselben Gesetzes ordnet ferner an: „Die polizeiliche Aus-
weisung Bundesangehöriger aus dem Orte ihres dauern-
den oder vorübergehenden Aufenthalts in anderen, als
in den durch dieses Gesetz vorgesehenen Fällen ist un-
zulässig.“
Das Gesetz vom 1. Nov. 1867 ist durch Gesetz vom 8. Jan.
1873 in Elsass-Lothringen eingeführt worden und zwar von dem-
selben Gesetzgeber, der auch das Gesetz vom 30. Dez. 1871 er-
lassen hat. & 10 dieses Gesetzes vom 30. Dez. 1871 enthält —
wie schon der Wortlaut seines ersten Satzes beweist — keines-
wegs eine lex specialis, sondern eine lex generalis.. Nach den
allgemeinen Grundsätzen über die Auslegung der Gesetze muss
daher 8 1 und $ 12 des Freizügigkeitsgesetzes dem $& 10 des (fesetzes
vom 30. Dez. 1871 vorgehen.
Wenn 81 des Freizügigkeitsgesetzes dem Diktaturparagraphen
vorgeht, so ist die Befugniss des Oberpräsidenten, gemäss Art. 9
Ziff. 2 des Gesetzes vom 9. Aug. 1849 Angehörige des Deutschen
Reiches auszuweisen, gänzlich beseitigt. Wenn $ 1 des Freizügig-
keitsgesetzes dem Diktaturparagraphen nicht vorgeht, so ist die