Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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also des heutigen Rechtes und muss nach ihm der wissenschaftliche Polizei- 
begriff geformt werden. Sonst ist er nicht der Polizeibegriff des positiven 
Rechts. 
Uebrigens kehrt der wirklich geltende Polizeibegriff auf Umwegen wenig- 
stens teilweise auch bei OTTO MAYER ein. OrrTo MaAYEr kennt ein polizei- 
liches Notstandsrecht. Das wird vor Allem wirksam, „wo Naturgewalten 
mit grosser Macht auftreten, um Lebensgefahr und Zerstörung von Eigentum 
in weitem Umfange zu drohen, Feuersnot, Wassersnot“ (Bd. I, S. 355) und 
besteht darin, dass sich hier die Polizeimaassregeln auch gegen einen anderen 
Punkt wenden können als den, von welchem die Störung ausgeht, nicht nur 
gegen das brennende Haus, die herandrängende Wassermasse, sondern auch 
gegen das Nachbarhaus, welches den Brand weiter zu tragen droht, gegen 
den Schutzdamm, welcher die Flut gefahrvoll staut. OTTo Mayer sagt hier 
selbst: „Die Menschenkraft erkennt sich als ohnmächtig gegenüber der eigent- 
lichen Quelle des Uebels. Deshalb wendet sie sich gegen das unschuldige 
Objekt.“ Orro Mayer fügt freilich an: „oder vielmehr, richtiger gesagt, 
gegen das minder schuldige“. Aber wo in aller Welt kann vom deutschen 
Rechtsbewusstsein aus in der rein objektiven Thatsache, dass Nachbarhaus, 
dass Damm die eigentliche Schädlichkeit steigern, unterstützen, eine Schuld, 
eine Pflichtverletzung des Eigentümers gesehen werden? Und wie steht es 
mit den Verpflichtungen an Feuer- und Wassersnot unschuldiger Unter- 
thanen zu Feuer- und Wassershilfe? Wohl sagt OrrTo Mayer, die Heran- 
ziehung hierzu ist in den grossen polizeilichen Ermächtigungen nicht ent- 
halten, es seien dies keine polizeilichen Lasten, es bedürfe dazu besonderer 
gesetzlicher Grundlagen (Bd. I 8. 266, 270, Bd. II S. 267, 268). Wo sind sie? 
Lässt sich bei Ordnung der Feuerlöschpflicht immer von Notstand sprechen ? 
Das positive deutsche Recht (R.Str.G.B. $ 368, 8) sieht darin Massnahmen 
der Feuerpolizei. Der Polizeibegriff Otto Mayers ist also nicht der Poli- 
zeibegriff „im Sinne des neueren Rechts“ (Bd. II S. 351). Der Verfasser 
giebt dies eigentlich selbst zu, wenn er sagt (Bd. I S. 266), die Polizei im 
Rechtsstaate habe eine auch den „Nichtstörer“ treffende Pflicht wenigstens 
teilweise aufrecht erhalten. 
Der durch einseitige Generalisation entstandene Begriff wirkt dann 
selbstredend nachteilig fort. Das zeigt sich z. B. im Gebiete der Frage, ob- 
der Staat bei rechtsmässigen Eingriffen in die Willenssphäre der Unterthanen 
entschädigungspflichtig sei. OrTTo MaAzeEr stellt hier die Behauptung auf, nach 
geltendem deutschen Gewohnheitsrecht babe der Staat überall Entschädigung 
zu leisten, wo er durch Gesetz oder Vollziehung besondere Opfer auferlegt 
(Bd. II 8. 8349, 351). Aus seinem Polizeibegriff folgt nun: also wird keine 
Entschädigung gewährt für Nachteile, welche durch Polizeimassregeln ver- 
ursacht sind; denn diese Nachteile sind nicht auferlegt, sondern selbst ver- 
schuldet, Folgen einer Nichterfüllung der Nichtstörungspflicht (8. 351). Da- 
raus würde sich ergeben, dass jede gegen den Nichtstörer gerichtete Thätigkeit
	        
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