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selbst zusammen, sondern muss ausdrücklich zurückgenommen oder aufge-
hoben werden. Die Ungiltigkeit ist also nur ein Anfechtungsgrund. Und dies
kommt eben von der besonderen Natur des obrigkeitliehen Aktes. Der obrig-
keitliche Ausspruch, dass etwas sein soll, bestätigt dadurch zugleich, dass die
Voraussetzungen für die Rechtsgiltigkeit dieser Wirkung gegeben sind (vergl.
Bd.IIS. 222). Das ist auch die Bedeutung der Promulgation beim Gesetz. Wer
verfassungsmässig das Gesetz kundgiebt, bezeugt hierdurch das Vorhandensein
der Voraussetzungen seines gültigen Zustandekommens (Bd. I 8. 282 N. 17).
Nicht minder fruchtbar erscheinen die Ausführungen des Verfassers über
die Teilung der Gewalten. Hier tritt der Verfasser mit aller Wärme dafür
ein, dass die einzelnen Gewalten nicht blos Funktionen, sondern ein leben-
diges Stück Staatsgewalt, von einander verschiedene Wirkungkräfte darstellen,
„nicht verschiedene Thätigkeitsgebiete oder Geschäftszweige des Staates,
Summen von Befugnissen, sondern rechtlich selbständige und abgesonderte
Stücke der Staatsgewalt“ (Bd. I S. 68 u. 71). Damit ist unserer Meinung nach
zutreffend zum Ausdruck gebracht, dass die sogenannte begrifflich notwendige
Einheitlichkeit der Staatsgewalt keine absolute zu sein braucht. Dieser Ein-
heitsbegriff wendet sich gegen die Willensvielheit der Unterthanen. Ihr
gegenüber ist aber auch dann noch Einheitlichkeit des Staatswillens gegeben,
wenn nicht ein Wille, sondern mehrere, also eine relativ kleine Willens-
mehrheit den Staatswillen repräsentiert. Es lässt sich u. E. nicht leugnen,
dass zwischen den verschiedenen Gewalten rechtliche Beziehungen bestehen,
sie einander als verschiedene Rechtsträger gegenübertreten.
Von diesem Standpunkte aus kann dann auch das Verhältnis des Reiches
zu den Gliedstaaten, die Verteilung der Aufgaben zwischen beiden, unter einen
von der Lehre von der Teilung der Gewalten im engeren Sinn abgeleiteten
weiteren Begriff der Trennung der Gewalten gebracht werden, wie dies OTTO
Mayer Bd. II S. 464 thut. Die eine volle Staatsgewalt erscheint da gesondert
in Reichs- und in Gliedstaatsgewalt. Beide sind gleicher Natur als Staatsge-
walt, wie die gesetzgebende und vollziehende im Einzelstaat, die Reichsgewalt
jedoch die rechtlich stärkere, wie beim Einzelstaat die gesetzgebende (S. 465).
Alles, wenn auch nur flüchtig, Angeführte dürfte die Behauptung recht-
fertigen, dass wir es in OTTo Mavers deutschem Verwaltungsrecht mit einer
wissenschaftlichen Errungenschaft ersten Ranges zu thun haben. Das Buch
wird in der Geschichte der deutschen Verwaltungsrechtswissenschaft einen
unverückbaren Markstein bilden. Aber noch mehr. Es wird auch allezeit
ein Muster wissenschaftlicher Formulierung sein. Das Buch enthält nichts von
Juristendeutsch. Seine Form ist eine künstlerische. In dem Verfasser steckt
ein Rhetor in des Wortes bestem Sinn. Die Darstellung ist anschaulich und
natürlich schön im Ausdruck in einem Grade, wie er in juristischen Werken nur
selten wieder begegnet. Und dazu kommt noch eine praktische Feinfühligkeit
und reelle Erfassung der Dinge, wie sie Theoretikern nicht immer innewohnt.
Erlangen. Rehm.