— 606 —
Die anregende Darstellung gewährt uns eine Reihe neuer Gesichtspunkte
für die Auslegung dieser strafrechtlichen Nebengesetze (z.B. $ 18 Absatz 1
und 2, $S 20 und 22 des Schriftwerkgesetzes), und da.der Verf. bei
Behandlung der einzelnen Materien jeweils die einschlägige Literatur und
die Rechtsprechung des deutschen Reichsgerichtes einer kritischen Unter-
suchung unterzogen hat, so gestalten sich dessen Ausführungen für Theorie
und Praxis gleich werthvoll.
Wien. v. Wretschko.
Dr. jur. Otto Opet, Privatdozent an der Universität Bern, Deutsches
Theaterrecht, unter Berücksichtigung der fremden Rechte syste-
matisch dargestellt. Berlin, Calvary & Co., 1896. VIII und 519 S.
M. 10.—, geb. M. 12.—.
Mit der wirthschaftlichen Entwicklung des Bühnenwesens in Deutsch-
land, wie in allen zivilisirten Staaten, ist auch das Theaterrecht zu einem
bedeutsamen Zweige des gesammten Rechtsgebiets geworden, ähnlich wie es
mit einem nahe angrenzenden Rechtszweige, dem Pressrecht, der Fall ge-
wesen ist. Ganz wie das Pressrecht spielt auch das T'hheaterrecht vom Ge-
biet des Privatrechts auf das des öffentlichen Rechts hinüber. Beide Insti-
tute unterliegen einer scharfen Kontrolle durch den Staat. Während indessen
beim Öffentlichen Pressrecht die staatliche Einwirkung nach Beseitigung der
Zensur im Wesentlichen nur noch eine repressive ist, ruht bei dem Theater-
recht der Schwerpunkt noch auf der Prävention, in den Formen der Kon-
zession und der Zensur. Auch das private Theater- und Pressrecht weisen,
bei aller Selbständigkeit jedes Instituts, doch mancherlei Parallelen auf, so
den Eingagementsvertrag, den Theaterbesuch und das Zeitungsabonnement,
das Aufführungs- und das litterarische Urheberrecht.
Während sich indessen das Pressrecht neuerdings in litterarischer Bezieh-
ung einer von Tag zu Tag steigenden Bevorzugung erfreut, ist das Theaterrecht,
wenigstens in Deutschland, bisher über Gebühr vernachlässigt worden. Wohl
mag es sein, dass die grosse politische Bedeutung der Presse auf der einen und
die nicht zu unterschätzende Schwierigkeit des Theaterrechts auf der anderen
Seite diese bedauerliche Ungleichheit verschuldet haben. Dennoch machte
sich diese Lücke im.praktischen Leben in geradezu drückender Weise geltend.
Es ist daher schon aus diesem Grunde ein anerkennenswerthes Ver-
dienst Orer’s, dass er mit einer zusammenfassenden Darstellung des deutschen
Theaterrechts endlich das Eis gebrochen hat. Sein Versuch wird hoffentlich
recht bald Nacheiferer finden. Denn erst in der wissenschaftlichen Polemik
wird schliesslich der klare, blitzende Diamant der wissenschaftlichen Wahr-
heit .herausgeschliffen. Durch seine früheren theaterrechtlichen Forschungen
und dureh eine geistige Verarbeitung der hochbedeutsamen Untersuchungen
von GIERKE und KoHLer war Oper wohl der Mann dazu, hier als Pionier
der Wissenschaft voranzugehen.