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Dr. Gustav Walker, Streitfragen aus dem internationalen Civil-
prozessrecht. Unter besonderer Berücksichtigung der neuen öster-
reichischen Civilprozessgerichte. Wien, Manz, 1897. 232S. M. 3.20.
Der Verfasser behandelt in diesem Werke die wichtigsten Streitfragen
über die örtlichen Grenzen der Civilprozessnormen, so die Frage nach der
Prozessfähigkeit der Ausländer, die Frage über die Kautionspflicht, das Ar-
menrecht der Ausländer, die Zulässigkeit des Rechtsweges, die Gerichtsbar-
keit der österreichischen Gerichte über Fremde, Gerichtsbarkeit in Ehe-
sachen der Ausländer, internationale Rechtshilfe, Einrede der Streitanhän-
gigkeit, Rechtskraft ausländischer Urtheile, Exekution auf Grund ausländischer
Akten.
Der Verfasser hat sich seine Aufgabe wahrlich nicht leicht gemacht,
denn er hat nicht nur die österreiehische Litterstur eingehend berücksichtigt,
sondern auch die Werke der deutschen, englischen, französischen, italienischen
und amerikanischen Schriftsteller besprochen, und neben dem alten und
neuen österreichischen Civilprozessrechte das deutsche, französische, italie-
nische, englische und amerikanische Recht in vergleichender Darstellung
angeführt.
Die Lösungen, welche der Verfasser den einzelnen internationalen
rechtlichen Fragen vom Standpunkte der neuen österreichischen Civilprozess-
gesetze gegeben hat, wird man wohl im Allgemeinen nur billigen können.
Indessen möchten wir uns bei einigen Fragen doch nicht völlig der Meinung
des Autors anschliessen.
So dürfte die Frage der Kautionspflicht und des Armenrechtes der
Ausländer doch nicht vom Gesichtspunkte materieller, sondern vielmehr
formeller Reziprozität zu lösen sein. Denn es ist nicht zu bezweifeln, dass
die materielle Reziprozität, welche der Verfasser auf S. 75 und 83 verficht,
eine grössere Härte in der Behandlung der Ausländer enthält, als die
Auslegung der 88 57 Z. 1 und 63 Abs. 1 der C.-P.-O. nothwendig mit sich
bringt.
Vom Standpunkte des Öffentlichen Rechtes ist vor allem eine der be-
handelten Fragen von Wichtigkeit, nämlich die der Zulässigkeit des Rechts-
weges.
Wir glauben dem Autor vollkommen beistimmen zu können, dass im
internationalen Rechtsverkehr eine Bereicherung der inländischen Gerichte
dadurch entsteht, dass im Auslande entstandene rechtliche Ansprüche auch
dann vor die inländischen Gerichte gezogen werden können, wenn dieselben,
falls im Inland entstanden, dem Wirkungskreise der Gerichte entrückt wären.
Die Abgrenzung der Thätigkeitssphären der Gerichte und Verwaltungs-
behörden ist von Land zu Land verschieden und es wäre nicht einzusehen,
wesshalb ein rechtlicher Anspruch, der in einem Staate der Judikatur der
Gerichte unterliegt in einem anderen Staate, wo die Abgrenzung der
Kompetenz der Gerichte eine andere ist, nicht realisirt werden könnte.