Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

— 84 — 
mässigkeit und Rechtlichkeit freilich sei dem Rechtsgebiete eigen- 
tümlich und durchgängig, aber das sei etwas anderes als Ge- 
rechtigkeit und Folge des positiven Rechts, nicht jedoch dessen 
bestimmendes Prinzip. 
Die Römer fassten die Gerechtigkeit als eine menschliche 
Eigenschaft oder Tugend auf (Ulpianus in fr. 1 pr. D. de justitia 
et jure (1, 1); fr. 10 pr. D. eod.); in der christlichen Lehre ist 
ihr Urgrund in Gott zu suchen, dessen Schutz von Gläubigen 
auch heute noch erfleht wird, wenn die weltliche Gerechtigkeit 
versagt oder zu versagen droht; in der neueren Philosophie aber 
hat die Gerechtigkeit ihre Entstehung in dem allbeherrschenden 
Ethos der sittlichen Weltordnung, deren oberstes Gesetz die 
Menschenliebe ist, aus der das naturgemässe Gleichgewicht 
zwischen Egoismus und Altruismus als Pflichtgebot her- 
vorgeht. Dieses führt zur Uebung einer ausgleichenden Gerechtig- 
keit, welche seit dem grossen Kurfürsten das in Brandenburg- 
Preussen normgebende Prinzip der Rechtspflege, wie der Reichs- 
anzeiger vom März 1890 hervorzuheben Gelegenheit hatte, sein 
sollte. 
Die realistisch-idealistische Weltanschauung findet, wie bei 
der metaphysischen Erklärung der Vernunft, die Gerechtigkeits- 
idee nur im zeitlich-räumlichen Dasein des Menschen begrenzt. 
und nur relativ vor, in Offenbarung einer transzendentalen, 
höheren Gerechtigkeit, deren Erkenntnis die Aufgabe der Rechts- 
philosophie sein mag; dahin mögen z. B. Konrters Ideale im 
Recht, 1891, gehören. 
Menschenmögliche Erzielung höchster Gerechtigkeit mag 
Prinzip, Grund und Zweck der Rechtspflege sein, deren Ord- 
nung jedoch durch die Natur oder Eigenart der Rechte beeinflusst 
werden muss, welche durchzuführen oder zu schützen sind — 
Privat- und öffentliche Rechte, wie solche Pflichten. Dass diese 
für die prinzipielle Gestaltung der einzelnen Rechtspflegearten 
massgebend sein muss, ist vom Verf. besonders für das Straf-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.