Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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gekommen, dass unschuldige Angeklagte sich mir gegenüber bitter 
darüber beklagt haben, dass ihnen der Mund verschlossen war. 
Ist eine Frauensperson die einzige Entlastungszeugin, so ist der 
Angeklagte gerettet, falls er nur mit derselben lebte, und ver- 
loren, falls er dieselbe geheiratet hat. Ich habe selbst eine Frei- 
sprechung dadurch erwirkt, dass ich den Beweis erbrachte, dass 
eine angebliche Ehefrau eine blosse Konkubine war; wäre die 
Frauensperson eine wirkliche Ehefrau gewesen, so wäre mein 
Klient ohne Zweifel verurteilt worden. Die absolute Notwendig- 
keit der in Frage stehenden Aenderung ergiebt sich weiter aus 
folgendem Falle. Ein Geistlicher, dessen einzige Entlastungs- 
zeugin seine Ehefrau hätte sein können, wurde, ohne selbst gehört 
zu werden, wegen Vornahme unzüchtiger Handlungen zu vier Jahren 
Gefängnis verurteilt. Der Home Secretary weigerte sich, auf 
ein Begnadigungsgesuch einzutreten, so lange nicht die Kinder, 
an welchen die strafbare Handlung begangen sein sollte, wegen 
Meineids verurteilt seien. Das Meineidsverfahren, in welchem der 
Geistliche und seine Ehefrau als Zeugen vernommen wurden, en- 
digte mit der Verurteilung der Kinder, welche selbst nicht gehört 
werden konnten. Der Geistliche wurde darauf auf freien Fuss ge- 
setzt und verklagte seine Anwälte wegen nachlässiger Wahrnehmung 
seiner Rechte. Diese Klage wurde abgewiesen, weil über die 
Frage, ob der Geistliche schuldig sei, bisher nicht unter Anhörung 
sämtlicher beteiligten Personen entschieden war. Man beachte 
ferner nachstehenden Fall. Ein Gastwirt, welcher sein Geschäft 
mit Hülfe seiner Ehefrau und eines Angestellten betrieb, verkaufte 
seine Wirtschaft und nahm drei Accepte über den Kaufpreis. Das 
letzte Accept wurde nicht eingelöst und musste eingeklagt werden. 
Der Beklagte begann darauf ein Strafverfahren gegen den Kläger 
wegen Betrugs beim Abschlusse des Kaufvertrages. Dem An- 
geklagten selbst war der Mund verschlossen, seine Ehefrau konnte 
nicht als Zeugin vernommen werden und der frühere Angestellte 
des Angeklagten war nicht aufzufinden. Die Folge war, dass 
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